Washington/Damaskus - Der Stabschef im Weißen Haus, Denis McDonough, hat eingeräumt, dass die USA keine hundertprozentig sicheren Beweise für eine Verbindung des syrischen Regimes zur mutmaßlichen Giftgasattacke vom 21. August haben. In einem Interview des Senders CNN sagte McDonough am Sonntag, dass unabhängig von geheimdienstlichen Informationen der gesunde Menschenverstand sage, "dass das Regime das ausgeführt hat".

Als die CNN-Journalistin nachhakte, antwortete der Stabschef: "Haben wir ein Bild oder einen unwiderlegbaren Beweis, jenseits vernünftigen Zweifels? Dies ist kein Gericht. Und so läuft Geheimdienstarbeit nicht."

Assad weist Gaseinsatz erneut zurück

Unterdessen wies der syrische Präsident Bashar al-Assad in einem Interview mit dem US-Sender CBS erneut den Vorwurf zurück, sein Regime habe am 21. August Giftgas eingesetzt. Er bekräftigte zugleich, dass sein Land auf einen US-Militärschlag vorbereitet sei. Das Interview soll am Montag veröffentlicht werden, aber Journalist Charlie Rose, der es geführt hat, gab am Sonntag in einer CBS-Sendung bereits einen Überblick.

Demnach sagte Assad: "Es gibt keine Beweise dafür, dass ich chemische Waffen gegen mein eigenes Volk eingesetzt habe ..., und wenn die (Obama-)Regierung tatsächlich Beweise hat, dann sollte sie diese zeigen." Rose zufolge deutete Assad auch an, dass es im Fall einer US-Intervention einen Vergeltungsschlag geben könnte. Diese Aktion könne aus einer Gruppe von Leuten kommen, die mit ihm verbündet seien, zitierte der Journalist den syrischen Präsidenten.

Widerstand in den USA

Nach dem Ende der Sommerpause am Montag könnten im US-Kongress die mit Spannung erwarteten Beratungen über einen Militärschlag gegen das Assad-Regime beginnen. Allerdings zeichnet sich dort massiver Widerstand gegen die Pläne von Präsident Barack Obama ab, insbesondere im Abgeordnetenhaus.

In weiten Teilen der US-Bevölkerung treffen Obamas Syrien-Pläne auf offenen Widerspruch. Viele Bürger befürchten, dass ihr Land wieder in einen fernen Krieg gezogen wird. Das Weiße Haus hat den Einsatz von Bodentruppen bereits ausgeschlossen.

Eine Militäraktion gegen Syrien wäre laut US-Außenminister John Kerry auch ein Zeichen für den Iran und die Hisbollah. Sonst würden beide glauben, dass nichts passiere, wenn international geächtete Waffen genutzt würden, sagte er nach einem Treffen mit Vertretern der Arabischen Liga. 

China fordert von USA "extreme Vorsicht"

China hat die USA zu Zurückhaltung im Syrien-Konflikt aufgerufen. Außenminister Wang Yi forderte am Sonntagabend in einem Telefonat mitJohn Kerry "extreme Vorsicht" in dieser Frage, wie das chinesische Außenministerium mitteilte. Die maßgeblichen Länder sollten sich etwaige Schritte gegen Syrien "dreimal überlegen", wurde Wang zitiert. Er forderte die USA auf, sie sollten "in den Rahmen des UNO-Sicherheitsrats zurückkehren, um dort Konsens zu erzielen und die Syrien-Frage angemessen zu behandeln". Die USA und China sollten sich jedem Einsatz von Chemiewaffen gemeinsam entgegenstellen.

UN fordert von Europa Aufnahme von Flüchtlingen

Die Situation der Bevölkerung Syriens ist nach wie vor zugespitzt. Nach Angaben der Vereinten Nationen sind inzwischen zwei Millionen Syrer vor dem im Land herrschenden Bürgerkrieg ins Ausland geflohen, weitere 4,3 Millionen seien im Inland auf der Flucht.

Deshalb forderte UN-Flüchtingskommissar Antonio Guterres die europäischen Staaten auf, unbegrenzt syrische Flüchtlinge aufzunehmen. Europa sollte die Last der Flüchtlinge gemeinsam mit den Nachbarn Syriens schultern und alle, die kommen wollten, willkommen heißen, sagte Guterres der Zeitung "Welt" (Montagausgabe) laut Vorabbericht. (APA/red, derStandard.at, 9.9.2013)