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Proteste gegen den drohenden Angriff auf Syrien in Beirut.

Foto: AP/Lofty

Washington/Damaskus - Die USA planen offenbar einen intensiveren und längeren Militäreinsatz in Syrien als bisher angenommen. Wie die "Los Angeles Times" am Sonntag unter Berufung auf zwei US-Regierungsvertreter berichtete, bat das Weiße Haus das Verteidigungsministerium um eine erweiterte Liste mit mehr als den bisher anvisierten 50 Angriffszielen. Die für drei Tage geplanten Angriffe sollen die stark zerstreuten Streitkräfte von Machthaber Bashar al-Assad empfindlich treffen.

TV-Interviews

Die USA haben nach den Worten von Außenminister John Kerry für ihren Militärschlag weltweit starken Rückenwind. Die Zahl der Unterstützer liege "im zweistelligen Bereich", sagte Kerry nach einem Treffen mit seinem französischen Amtskollegen Laurent Fabius am Wochenende in Paris. Es gebe mehr Interessenten für eine Beteiligung, als nach derzeitigem Planungsstand gebraucht würden.

Frankreichs Präsident François Hollande dankte Deutschland dafür, dass es eine Erklärung des G-20-Gipfels in St. Petersburg zu Syrien doch noch unterzeichnete. Deutschland hatte zunächst die gemeinsame EU-Position abwarten wollen und sich am Samstag nachträglich den anderen elf G-20-Staaten angeschlossen.

In den USA will Präsident Obama mit einer außergewöhnlichen Informationskampagne den Widerstand gegen seine Syrien-Pläne brechen. Obama führt am Montag Interviews mit sechs Fernsehsendern, bevor er am Dienstagabend eine Rede zur Nation hält. Damit will er sich die Zustimmung des Kongresses zum geplanten Militärschlag gegen Syriens Regime sichern.

Der Präsident und sein Sicherheitsteam wollen ihre Serie von Einzeltelefonaten und Hintergrundgesprächen mit Kongressmitgliedern fortsetzen. Die "New York Times" spricht vom größten Einsatz dieser Art seit 2009, als Obama seine Gesundheitsreform im Kongress durchboxen musste.

Laut US-Medien zeichnet sich vor allem im Repräsentantenhaus (435 Mitglieder) breiter Widerstand ab. 218 Abgeordnete hätten bereits zu erkennen gegeben, dass sie gegen eine Militäraktion stimmen werden oder zu einer Ablehnung neigen. Die nötige Mehrheit für eine Billigung oder Ablehnung liegt bei 217. Im Senat stehen die Chancen zwar besser, aber auch hier muss Obama zittern.

Eine Woche Luft

Die Europäer haben sich ihrerseits in der Frage einer Militäraktion für etwa eine Woche Luft verschafft. Bei einer Aussprache über die Beweislage und alle sicherheitspolitischen Optionen sagte Kerry seinen EU-Amtskollegen am Wochenende in Vilnius zu, dass die USA bereit seien, die Ergebnisse der UN-Inspektoren zu den Giftgas­attacken abzuwarten. Das soll Obama Dienstag in seiner Rede zur Lage der Nation erklären. Der französische Präsident Hollande geht davon aus, dass es Ende der Woche so weit sein könnte.

Die Mehrheit der EU-Staaten, darunter Österreich, lehnt eine Aktion ohne UN-Mandat ab. Frankreich ist offen dafür. Einige Nato-Mitglieder wie Dänemark oder die Niederlande signalisierten Bereitschaft, sich zu beteiligen. Dafür stimmten alle 28 EU-Staaten einer scharfen Erklärung der Außenbeauftragten Catherine Ashton zu, in der die Verantwortung des Assad-Regimes festgehalten wird.

Befehl nicht von Assad?

Laut einem Bericht der "Bild am Sonntag" deuten deutsche Geheimdiensterkenntnisse darauf hin, dass Assad den Chemiewaffeneinsatz nicht persönlich angeordnet hat. Syrische Kommandanten hätten seit rund vier Monaten einen Giftgaseinsatz gefordert, aber Assad habe stets abgelehnt. Das würden Funkgespräche belegen, die das deutsche Spionageschiff Oker vor der syrischen Küste abgefangen habe.

Der Iran warnte die EU vor einer Unterstützung eines US-Militäreinsatzes gegen das syrische Regime. Dort warte ein Minenfeld, sagte der iranische Parlamentspräsident Ali Larijani am Sonntag. Larijani bezog sich auf die Erklärung von Vilnius. (red, DER STANDARD, 9.9.2013)