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In einem kleinen Ort in Niederösterreich wurde die Leiche von Julia Kührer entdeckt. Spurensicherung und Auswertung ergaben eine Indizienkette, die zum Besitzer des Anwesens führt.

Foto: APA/Hochmuth

Korneuburg/Wien - Es wird ein Mordprozess, bei dem nicht sicher ist, ob überhaupt ein Mord stattgefunden hat: Am Dienstag wird am Landesgericht Korneuburg das Verfahren gegen Michael K. starten, der laut Anklage im Jahr 2006 die damals 16-jährige Schülerin Julia Kührer getötet haben soll.

Farid Rifaat, Verteidiger des 51-jährigen Wieners, will unter anderem genau auf diesen Umstand setzen. Denn die Untersuchung der Überreste des Teenagers ergaben keine Hinweise auf die Todesursache - allerdings muss sie sich kurz vor ihrem Tod eine Kieferverletzung zugezogen haben. Und: Der Gerichtsgutachter geht davon aus, dass ein natürlicher Tod in diesem Alter höchst unwahrscheinlich ist - was aber einen Unfall nicht ausschließt.

Enge Indizienkette

Die Staatsanwaltsachaft baut dagegen auf eine dichte Indizienkette gegen K., der sich nicht schuldig bekennen wird. Und diese Kette zieht sich tatsächlich eng um den Verdächtigen.

Erstens wurde im Juni 2011 die Leiche von neugierigen Nachbarn in einem Erdkeller auf dem Grundstück des Angeklagten im Bezirk Hollabrunn gefunden. Der Verdächtige hatte die Tote teilweise verbrannt, eingehüllt war sie in Säcke und eine blaue Wolldecke. Auf Letzterer fanden sich DNA-Spuren des Angeklagten, auch ähnliche Säcke wurden bei ihm gefunden. Zweitens war sein Handy am Tag von Julias Verschwinden in deren Heimatort Pulkau eingeloggt - und zwar nur wenige Minuten bevor sie am Hauptplatz zum letzten Mal lebend gesehen wurde. Der Mann hatte allerdings behauptet, am Tattag in Tschechien gewesen zu sein.

Crystal Meth verkauft

Die Schlussfolgerung der Anklage: K., der auf eben diesem Hauptplatz damals eine bei Jugendlichen beliebte Videothek betrieb, soll das Opfer höchstwahrscheinlich dort getötet haben. Denn drittens versucht die Anklagebehörde den Mann als möglichen Triebtäter zu skizzieren. Er soll sich Frauen gegenüber betont sexualisiert verhalten und besonders die Nähe zu jungen Leuten gesucht haben. Dazu kommt, dass K. laut Aussagen einer Freundin Julias der 16-Jährigen mindestens zweimal die Droge Crystal Meth verkauft haben soll. Überreste davon wurden auch im Skelett des Opfers nachgewiesen. Ob sie aber etwa an einer Überdosis gestorben ist, ist unbekannt.

K. wird sich mit einer anderen Theorie verteidigen: Ein oder mehrere Unbekannte müssen das Mädchen getötet und auf seinem Grundstück abgelegt haben, schließlich stand das Haus auch immer wieder leer. Dass sich auf der Decke seine genetischen Spuren finden, ist für ihn kein Wunder: Schließlich sei es seine, und sie habe auf dem Gelände gelegen.

Seit Dezember in U-Haft

Die Polizei hat sich jedenfalls viel Mühe gegeben: Die Decke wurde mit speziellen Methoden in Deutschland untersucht, Fahnder haben in Litauen das damalige Auto des Verdächtigen ausfindig gemacht und untersucht. Erst im Dezember 2012 wurde K. schließlich in U-Haft genommen.

Den Geschworenen steht jedenfalls viel Arbeit bevor. Mindestens sechs Prozesstage sind angesetzt, an drei davon sollen jeweils 20 bis 26 Zeugen vernommen werden. Zusätzlich sollen sechs Gutachter Hinweise liefern: Neben zwei Gerichtsmedizinern auch Chemiker, ein Brandsachverständiger und eine Molekularbiologin. (Michael Möseneder, DER STANDARD, 9.9.2013)