Kein Bauchfleck: Zwei-Wege-Stürmer Benedikt Schennach erwies sich im Vorjahr als einer der vielversprechendsten Wanderer am "Tiroler Weg".

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Seine starke physische Präsenz schlug sich in 275 AHL-Toren nieder: Graham Mink soll in Dornbirn Torschützenkönig Kozek ersetzen.

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Konstanter als sein Vorgänger: Der neue Bulldogs-Goalie Adam Dennis.

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Im Fußball mit seinen Systemen von Auf- und Abstieg zwischen einzelnen Leistungsklassen wurde "das schwierigere zweite Jahr" längst zum geflügelten Wort. Doch auch in der Erste Bank Eishockey Liga sehen sich neu hinzugekommene Klubs gerade im zweiten Jahr ihrer Ligazugehörigkeit mit besonderen Herausforderungen konfrontiert.

Der letzten Sommer in die EBEL zurückgekehrte HC Innsbruck und der in Sachen Erstligaerfahrung zuvor gänzlich unbefleckte Dornbirner EC sind gewarnt: Vor ihnen wagten seit dem Crash des Jahres 2000 acht Vereine den Sprung in die höchste Spielklasse, fünf von ihnen sammelten in ihrer zweiten Saison weniger Punkte pro Spiel als im jeweiligen Premierenjahr. Der Vorteil der als Haie und Bulldogs firmierenden Teams aus den westlichen Bundesländern: Das Niveau, an dem sie in der kommenden Spielzeit gemessen werden, ist ein recht bescheidenes. Denn abzüglich der direkten Duelle gewannen Innsbruck und Dornbirn in der letzten Saison insgesamt nur 24 ihrer 96 Spiele - ein glattes Viertel.

In nahezu allen Kategorien Letzter

Gerade der in der mit großer Eishockeytradition gesegneten Landeshauptstadt Tirols beheimatete HCI hatte im Jahr eins nach der Rückkehr in den Kreis der nationalen Elite hart zu kämpfen: In 76 Prozent der Partien blieb man punktelos, an 50 von 54 Spieltagen stand man am Tabellenende. Die wenigsten erzielten Treffer pro Spiel (2,22) beim gleichzeitig höchsten Gegentorschnitt aller Teams (4,69) rundeten die ernüchternde Bilanz ab.

Unterm Strich war Innsbruck im Vorjahr in keinem Aspekt des Spiels konkurrenzfähig, was zu einem Gutteil in der recht strikten Auslegung des "Tiroler Weges" in der Personalpolitik begründet lag: Nur zwei der 20 eingesetzten Österreicher wuchsen außerhalb der Grenzen des Bundeslandes auf.

Am "Tiroler Weg" wandern bessere Legionäre

Auch Innsbrucks Kader für die kommende Saison weist ähnlich protektionistisch anmutende Merkmale auf, geändert hat sich lediglich die Besetzung der Importplätze. Sieben von acht Legionären blieb eine Vertragsverlängerung verwehrt, an ihrer statt verpflichtete man allerdings durch die Bank deutlich stärkere Cracks aus Kanada, den USA, Tschechien und der Slowakei.

Maßgeblich verbessert hat sich der HCI im Tor: Adam Munro, der in den beiden letzten Jahren als Goalie eines anderen Underdogs (Székesfehérvár) durchaus stabile Leistungen ablieferte (39 Siege, 40 Niederlagen, Gegentorschnitt 2,85), stößt neu zum Team und bildet gemeinsam mit dem an EBEL-Spielen erfahrensten Goalie der Liga, Patrick Machreich (242 Einsätze), das neue Torhütergespann. In der Defensivzone soll der mit 756 NHL-Spielen dekorierte Haudegen Marek Malík (38) für engere Räume sorgen, offensiv verspricht man sich - mit gutem Grund - von den Donati-Zwillingen Justin und Tyler mehr Durchschlagskraft.

Anfangsphase und Special Teams

Trainer Daniel Naud muss in der neuen Saison vordergründig danach trachten, sein Team in der Anfangsphase der Spiele stabiler zu machen: Im Vorjahr konnte man nur sechs von 54 Eröffnungsdrittel für sich entscheiden und kassierte alleine in den ersten 20 Minuten der Partien mehr Gegentore als Ljubljana und Fehérvár - die die Playoff-Qualifikation ebenfalls deutlich verpassten - zusammen. In der Regel bogen die Haie 2012/13 schon früh auf die Verliererstraße ein, 81,5 Prozent der Spiele, an denen sie beteiligt waren, gewann jenes Team, das den ersten Treffer erzielte, nur in zwei von 38 Fällen konnte Innsbruck einen 0:1-Rückstand noch in einen Sieg verwandeln.

Steigern müssen sich auch die Special Teams der Tiroler, sowohl in Über- als auch in Unterzahl war man im Vorjahr statistisch betrachtet die ineffektivste Mannschaft der EBEL. Qualitative Mängel mündeten häufig in Strafen (im Grunddurchgang spielte nur Medveščak öfter in Unterzahl), mit einem Mann weniger kassierte man dann im Schnitt alle 6:00 Minuten einen Gegentreffer. Die fehlende spielerische Klasse schlug sich auch im schwächsten Powerplay der Liga nieder, bei keinem anderen Team war der Anteil an Überzahltoren geringer (23,3 Prozent). Nachdem die Schützen von 20 der 28 Powerplaytreffer des Vorjahres den Klub verlassen haben, hofft man in Innsbruck, dass mit dem weitreichenden Umbau der Überzahlformationen auch eine maßgebliche Steigerung der Effektivität einhergeht.

Kleine Fortschritte als Erfolg

Als einer der wenigen positiven Aspekte der ersten Saison nach der Rückkehr des HCI in die EBEL erwies sich der Zuseherzuspruch: Obwohl 24 der 27 Heimspiele verloren gingen, konnte der Zuschauerschnitt (1.726) im Vergleich zum vorangegangenen Zweitligajahr um 54,2 Prozent gesteigert werden. Für die kommende Spielzeit erscheint hier weiteres Wachstum als wahrscheinlich: Es ist davon auszugehen, dass Innsbruck 2013/14 attraktiveres und letztlich auch erfolgreicheres Eishockey als zuletzt spielen wird, realistische Playoff-Chancen dürften die Haie aber trotz des im Bereich der Imports deutlich verstärkten Kaders nicht haben. In Anbetracht der internen wie externen Rahmenbedingungen sind jedoch bereits die zu erwartenden kleinen Fortschritte als Erfolg zu werten.

Großer Abstand zur Spitze

Wesentlich zufriedener als in Tirol war man mit der vergangenen Spielzeit beim einzigen Vorarlberger Klub in der EBEL, dem Dornbirner EC. Zwar lagen die Bulldogs in ihrem Premierenjahr nur nach drei von 54 Runden - den Spieltagen sechs bis acht Ende September - auf einem Playoff-Platz, über den Saisonverlauf hinweg konnten sie jedoch immer wieder (kleine) sportliche Ausrufezeichen setzen. Doch obwohl Dornbirn sowohl den Topscorer (Luciano Aquino, 71 Punkte) als auch den Torschützenkönig (Andrew Kozek, 38 Treffer) stellte, musste man zur Kenntnis nehmen, wie groß der Abstand zum Mittelfeld oder gar zur Spitze der Liga noch ist: Nur gegen die ebenfalls nicht in den Playoffs vertretenen drei Teams erreichte man eine positive Bilanz in den direkten Duellen, gegen die ersten Acht gelangen nur magere fünf Siege in 36 Spielen.

Kadertiefe verbessert

Hauptverantwortlich dafür war das starke Leistungsgefälle innerhalb des Kaders, in dem es vor allem an österreichischen Spielern überdurchschnittlicher Qualität fehlte. Ganze 73,6 Prozent - ligaweit der zweithöchste Wert hinter Linz - seiner Gegentore kassierte Dornbirn bei ausgeglichener Spieleranzahl am Eis, insgesamt bilanzierte man in Even-Strength-Situationen mit einer Tordifferenz von -51. Dementsprechend stand die Transferpolitik des Klub in diesem Sommer primär im Zeichen der Erweiterung der Kadertiefe. Unter den nominell ersten zwölf Stürmern finden sich mit Luciano Aquino, Alexander Feichtner und Nikolas Petrik nur drei Angreifer aus dem letztjährigen Team wieder. Offensiv sind die Bulldogs in diesem Jahr am Österreicher-Sektor durch die Rückkehr der gebürtigen Vorarlberger Martin Grabher-Meier, Martin Mairitsch und Marcel Wolf (gemeinsamer Erfahrungsschatz: 975 EBEL-Einsätze) ins "Ländle" deutlich breiter aufgestellt.

Nominell stabilere Defensive

Auch seine übrigen Primärziele für die sommerliche Transferzeit hat Dornbirn erreicht. Mit dem erfahrenen Graham Mink (793 AHL-Spiele) wurde der Abgang von Torjäger Andrew Kozek kompensiert, wenngleich die Latte für den US-Amerikaner sehr hoch liegt, traf Kozek doch in 26 von 54 Saisonspielen, was ihn zum konstantesten Torschützen der EBEL machte. Die Defensive, im Vorjahr mit 4,06 Gegentreffern pro Spiel sehr löchrig, wurde deutlich verbessert, der ehemalige Erstrunden-Draftpick Alex Plante (25) und Ex-U18-Weltmeister Kevin Montgomery (24) haben beide das Potenzial, zur Gruppe der besseren Abwehrspieler in der Liga zu gehören. Hinter ihnen steht mit Adam Dennis der italienische Nationaltorhüter, dessen leistungsmäßiges Mindestlevel deutlich höher liegt als jenes seines Vorgängers Patrick DesRochers und von dem man sich auch mehr Konstanz erwarten darf.

Zwei-Wege-Spezialist Mitchell wird fehlen

Für die Offensive wurden neben Mink vier weitere Imports verpflichtet, insgesamt wurde damit vor allem das spielgestalterische Vermögen gesteigert, wodurch Dornbirn schwerer auszurechnen sein wird. Bei den Abgängen fällt jener von Dale Mitchell (mit -9 die beste Plus/Minus-Bilanz aller regelmäßig eingesetzten Stürmer) am stärksten ins Gewicht: Unter Berücksichtigung von Dornbrins letztjähriger Schwäche in Situationen bei gleicher Spieleranzahl am Eis hinterlässt der Kanadier, der knapp 85 Prozent seiner Punkte bei Even Strength sammelte, eine Lücke, die es erst zu schließen gilt.

Weniger Imports im Kader

Vorerst gehen die Vorarlberger, die im Verlauf der letzten Saison 15 Legionäre einsetzten, mit elf Imports ins neue Spieljahr, dennoch wurde das Team insgesamt kompakter und auch vielseitiger. Speziell die größere Kadertiefe wird im Ansinnen, mehr Siege als 2012/13 einzufahren, von Vorteil sein, ging Dornbirn im Vorjahr doch regelmäßig die sprichwörtliche Luft aus: Außer den Bulldogs (neun Siege, zehn Niederlagen) hat kein anderes Team in der EBEL nach einer 1:0-Führung mehr Spiele verloren als gewonnen, in einer nur die Schlussabschnitte berücksichtigenden Tabelle nahm man sogar den letzten Rang ein. Steigern muss sich der westlichste Klub der Liga auch im Powerplay: Zu sehr war man dabei von Andrew Kozek abhängig, der ein Drittel aller Überzahltreffer des Teams erzielte, insgesamt bedurfte es 10:06 Minuten bei numerischer Überlegenheit, um zu einem Torerfolg zu gelangen.

Dornbirn hat sich im Sommer 2013 gezielt und sinnvoll verstärkt, Trainer Dave MacQueen verfügt über deutlich mehr Variationsmöglichkeiten. Darauf aufbauend kann der DEC zu einem sehr unangenehmen Gegner werden, der von allen im Vorjahr nicht in den Playoffs vertretenen Mannschaften die realistischsten Chancen hat, ein Viertelfinalticket zu ergattern. Sportlicher Erfolg würde sich wohl auch in einer besser gefüllten Messehalle ausdrücken, nachdem der Zuseherzuspruch im Vorjahr (ein Plus von nur 28,4 Prozent gegenüber dem letzten Zweitligajahr) eher bescheiden blieb. (Hannes Biedermann, derStandard.at, 7.9.2013)