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Genau betrachtet liegt Gareth Bale hier am Boden, was seinen Wert betrifft, ist der Fußballer aber im Olymp.

Foto: Reuters/Martinez

Der Transfer von Gareth Bale von Tottenham zu Real Madrid dominierte dieser Tage die Schlagzeilen. 100 Millionen und ein bisschen was machen den 24-Jährigen zum teuersten Fußballer der Geschichte. Sein neuer Vereinskollege Cristiano Ronaldo, bisheriger Rekordhalter, hatte Real vor vier Jahren nur 94 Millionen Euro gekostet. Geradezu ein Schnäppchen ist im Vergleich dazu der Wechsel Edinson Cavanis von Neapel nach Paris. 64 Millionen Ablöse legte heuer der französische Meister Paris Saint-Germain für den 26-jährigen Uruguayer, bekennenden Bibelleser und italienischen Torschützenkönig auf den Tisch.

Trotzdem regte der Deal den einen oder anderen mächtig auf. Paris Saint-Germain gehört seit einigen Jahren der Investorengruppe Qatar Sports Investment, indirekt also Katar selbst. 64 Millionen zahlte das Emirat quasi aus der Portokassa. 147 Millionen Euro machten die Finanziers aus Katar in der vergangenen Transferperiode für neues Personal locker. Im Jahr davor waren es fast 100 Millionen.

Wenn der Rubel rollt

Dass im Fußball schon lange nicht mehr nur das runde Leder, sondern im großen Stil auch der Rubel rollt, ist manchen ein Dorn im Auge. Denn so dick wie Paris Saint-Germain haben es bei weitem nicht alle Vereine. Auch wenn seit Jahren immer mehr Geld ins Spiel fließt: Sei es von TV-Stationen, um Abokunden anzulocken. Von Firmen, die mit Hochglanzstars auf Werbeeffekte hoffen. Oder von Investoren, die auf der Suche nach einem prestigeträchtigen Zeitvertreib sind. Real Madrid zum Beispiel beeindruckt nicht nur durch Rekordeinkäufe. Laut Deloitte Money League erzielten die Spanier als erster Sportverein einen Jahresumsatz von über 500 Millionen Euro. Seit Deloitte 1996 begonnen hat, die finanzielle Situation der europäischen Spitzenvereine unter die Lupe zu nehmen, hat sich der Gesamtumsatz der Top-20 vervierfacht.

Doch nicht nur die Umsätze im Topfußball wachsen, auch die Klagen über den Zeitenwandel nehmen zu. Der Tenor: Dort, wo es einst um Sport, Spaß und Ehre ging, regiere jetzt der schnöde Mammon. Der internationalen Spielergewerkschaft Fifpro gefällt es etwa gar nicht, dass Spieler wie Ware behandelt werden. Die Integrität des Wettbewerbs sieht sie durch die eigentlich verbotene, aber nicht sanktionierte Praxis von Third-Party-Ownership, bei der eine dritte, nicht direkt im Fußball involvierte Partei finanziellen Profit aus Transfers schlägt, gefährdet.

Schuldenbremse für Vereine

Der europäische Fußballverband UEFA will aber ohnedies seit geraumer Zeit dem großen Geld im großen Fußball gegensteuern. Financial Fairplay, eine Art Schuldenbremse, lautet die Formel: Eine Break-even-Regel schreibt den Klubs vor, dass sie nicht mehr Geld ausgeben, als sie einnehmen. Financial Fairplay ist für den Fußballverband und ihren Präsidenten Michel Platini ein Prestigeprojekt, das durchaus auf Unterstützung von Ökonomenseite zählen kann: "Die Absichten des Financial Fairplays sind gerade, solche Investitionen, solche Transfers zu unterbinden", sagt Henning Vöpel vom Hamburgischen Weltwirtschaftsinstitut dem Deutschlandradio in Reaktion auf den Cavani-Transfer und fügt an: "Hier wird offenbar künstlich ein Verein aufgepeppelt mit dem Geld von Investoren, und das verstößt eindeutig gegen die Absichten des Financial Fairplay."

In einer Zeit, in der die Staaten sich bemühen, Schuldenberge zumindest nicht größer werden zu lassen, findet die UEFA es grundsätzlich angebracht, die Vereine dazu zu bringen, gut und nachhaltig zu wirtschaften, erklärt Generalsekretär Gianni Infantino im Deutschlandradio: "Das Ziel ist wirklich, die Nachhaltigkeit des Fußballs, des Klubfußballs zu garantieren und den Klubs und dem Klub-Fußball insgesamt zu helfen." Einige hätten es auch bitter nötig: Der Schuldenberg der europäischen Fußballhochkaräter lag im Jahr 2011 bei 1,7 Milliarden Euro. Die Vereine verdienen zwar immer mehr, geben aber auch immer mehr aus. Unter den populärsten und besten Klubs arbeiten einige besonders verlustreich. Real Madrid ist auch in diesem Ranking ganz oben angesiedelt: Der Schuldenberg des Vereins wurde 2012 auf 590 Millionen Euro taxiert. Atlético Madrid mit 540 Millionen Verbindlichkeiten und Barcelona mit 470 Millionen liegen nicht weit zurück. Am Rande der Europacup-Auslosung in Monaco unterstrich Infantino, dass die Verbindlichkeiten im Jahr 2012 auf 1,1 Milliarden Euro geschrumpft sind. Für die UEFA schon die Vorboten der Wohlverhaltensregeln.

Erhitzter Transfermarkt

Als die Schuldigen an dem erhitzten Transfermarkt werden hemmungslose Finanziers ausgemacht. Sie seien es, die die Preise treiben würden. Ein Beleg ist mit dem russischen Milliardär Roman Abramowitsch schnell gefunden, hat der doch den FC Chelsea mit seinen Millionen zum Champions-League-Sieger 2012 gemacht. Tatsächlich hat sich laut EU-Kommission, die ebenfalls eine Reform des Transfersystems empfiehlt, die Zahl der Transfers im europäischen Fußball zwischen 1995 und 2011 mehr als verdreifacht. Die von den Vereinen gezahlten Ablösesummen sind im gleichen Zeitraum um das Siebenfache gestiegen. Allein die Premier-League-Klubs im Norden gaben in der abgelaufenen Transferperiode 740 Millionen Euro aus, 150 mehr als im bisherigen Rekordjahr 2008.

Für die EU-Kommission ein weiterer Grund zur Sorge: Der größte Teil dieser Gelder konzentrierte sich auf einige wenige Vereine mit den höchsten Einnahmen oder finanzkräftigen Investoren im Hintergrund. EU-Sportkommissarin Androulla Vassiliou gefällt diese Entwicklung ganz und gar nicht: "Sie trägt nur dazu bei, das Ungleichgewicht zwischen Arm und Reich weiter zur verstärken, denn weniger als zwei Prozent der Transfergebühren kommen bei kleineren Vereinen oder im Amateursport an, die für die Entwicklung neuer Talente unerlässlich sind."

Wem gehört der Spieler?

Es muss sich etwas ändern, darüber scheint Konsens zu bestehen. Dass mit dem Financial-Fairplay-Programm alles besser wird, wird indes bezweifelt. Es sei zwar gut und schön - lasse aber zu viele Schlupflöcher offen, moniert die Fifpro. UEFA-Präsident Platini dürfte das ähnlich sehen. Das aktuelle System sei mit "Diebstahl" vergleichbar, sagte er jüngst. "Die Spieler gehören nicht den Vereinen, sondern Konzernen und Investoren." Außerdem müsse man Vertragsbrüchen stärker entgegenwirken. "Niemand respektiert mehr die Verträge. Da ist etwas Ungesundes im ganzen Fußball", sagte er.

Mit der Ausarbeitung von Vorschlägen ist derzeit eine Arbeitsgruppe beschäftigt, die bis Dezember erste Reformpläne präsentieren soll. Diskutiert wird etwa eine Verkürzung des Transferfensters. Die Fifpro will zum Beispiel die Wintertransferzeit überhaupt abschaffen, darüber hinaus schwebt eine Obergrenze bei den Ablösesummen im Raum. Der Unternehmensberatung A.T. Kearney dürften auch Pläne zur gänzlichen Abschaffung zu Ohren gekommen sein. In einer Aussendung warnt sie davor vehement. "Dies würde dramatische Auswirkungen auf den Profifußball haben", meint Jürgen Rothenbücher von A.T. Kearney. "Die Profitabilität würde sich weiter verschlechtern, noch mehr Insolvenzen wären die Folge." Schließlich seien Transfererlöse für die Vereine eine Möglichkeit, finanzielle Schieflagen zu vermeiden. (Regina Bruckner, derStandard.at, 11.9.2013)