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Die Forscher hoffen, ihre Erkenntnisse künftig für personalisierte probiotische Diäten im Kampf gegen Fettsucht nutzen zu können.

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Washington/Wien - Es sind etliche Dutzend Billionen, die insgesamt bis zu eineinhalb Kilo schwer sind. Die Rede ist von den Mikroben, die unseren Darm besiedeln und eine sehr viel weiter reichende Bedeutung für unseren Stoffwechsel und unsere Gesundheit haben, als man lange dachte.

Erst in den vergangenen Monaten brachten einige Studien etwas Licht ins intestinale Dunkel: So etwa wiesen Forscher nach, dass die Zufuhr gesunder Darmbakterien mittels Fremdkotinfusion eine eindeutig heilsame Wirkung hat. Und zuletzt zeigten zwei Untersuchungen, wie stark der Zusammenhang zwischen geringer Darmmikrobendiversität und Übergewicht ist.

Die jüngste Studie, die freilich an Mäusen durchgeführt wurde, geht nun noch ein Stück weiter. US-Forscher um Jeffrey Gordon von der Universität Washington in St. Louis, Missouri, entnahmen in einem ersten Schritt menschlichen Zwillingen Darmbakterienproben, von denen einer dünn, der andere dick sein musste. Diese sogenannten Mikrobiota wurden dann in sterile Mäuse verpflanzt, die über keine eigenen Bakterien verfügten.

Das erste Resultat der Studie, die heute in der Wissenschaftszeitschrift Science veröffentlicht wurde: Die Mäuse mit den Darmmikroben der dickeren Zwillinge legten schnell sehr viel mehr Fett zu als ihre Artgenossen - und das bei völlig gleicher Futtermenge.

Vanessa Ridaura, Doktorandin in der Arbeitsgruppe Gordons, und ihre Kollegen gaben sich mit dem Ergebnis nicht zufrieden. In einem nächsten Schritt wurden die dicken und die dünnen Mäuse zusammengesperrt, um einen "Kampf der Mikrobiota" zu beobachten. Mäuse fressen nämlich immer wieder den Kot von Kollegen, und die Forscher wollten wissen, welche der Darmbakterien sich durchsetzen.

Nach zehn Tagen war das Ergebnis offensichtlich: Die ehemals übergewichtigen Mäuse, die Darmbakterien der dickeren Menschen erhalten hatten, waren wieder abgeschlankt. Mit anderen Worten: Die dünnmachenden Mikroben hatten gesiegt. "Kampfentscheidend" war dabei eine Art namens Bacteroidetes phylum.

Für den dritten und letzten Teil der Studie erhielten die Nager dann auch noch ungesunde Nahrung, die jener übergewichtiger US-Amerikaner entsprach. Die Mäuse mit den "dünnmachenden" Mikroben hielten ihr Gewicht, ihre Artgenossen wurden trotz Kotfressens wieder fett.

Für die Forscher belegen diese Experimente zum einen, dass die Interaktionen zwischen Essen, Mikrobiota und Gewicht komplexer sind als gedacht. Zum anderen hoffen sie, dass sich künftig personalisierte probiotische Diäten im Kampf gegen Fettsucht entwickeln lassen werden. (tasch, DER STANDARD, 6.9.2013)