Close-up: Peter Kubelka in "Fragments of Kubelka".

Foto: stadtkino

Wien - Die vielen Kochshows, die es heute gibt, haben alle ein wenig fade Titel, jedenfalls im Vergleich zu jenem, mit dem Peter Kubelka in den 70er-Jahren im US-Fernsehen antrat: Eating the Universe, das war so richtig eine Programmansage. Bei einem Universalkünstler wie Kubelka wird man dabei aber nicht etwa Kometennudeln oder Gugelhupf mit schwarzem Loch erwarten, sondern etwas Handfestes. Wer jemals einen seiner legendären Vorträge gesehen hat, wird wissen, dass sich sein Kosmos immer wieder auf zwei sehr elementare Gerichte reduzieren ließ: ein Spiegelei und ein paniertes Schnitzel ("aus dem Schenkel eines Kuhmädchens"). Darauf lässt sich aufbauen.

In Martina Kudláceks Porträtfilm Fragments of Kubelka bilden die Aufnahmen aus der Kochshow Eating the Universe, die sie gefunden hat, einen der vielen Höhepunkte. Es musste ein langer Film werden, nicht weil Kubelka einer dieser überlebensgroßen Menschen ist (das ist er auch, aber so inszeniert Kudlácek ihn nicht), sondern weil man bei ihm eben diese universalpoetische Aufmerksamkeit auf alles lernen kann. Es kommt also darauf an, einerseits dem Zeitpfeil des Biografischen zu folgen, andererseits sich aber ablenken lassen zu können, die Gedanken müßiggehen zu lassen.

Das Biografische hat bei Kubelka ein besonders starkes Ursprungsmotiv, und hier hat Fragments of Kubelka viel Neues zu bieten: Der Besuch im oberösterreichischen Taufkirchen, wo der kleine Peter in einem Milch- und Kulturmatriarchat aufwuchs, ist eine wunderbare Studie des glücklichen Herkommens, eine lebensgeschichtliche Zentrierung um einen Kirchturm, der hier für eine weltliche Religiosität steht, einen diesseitigen Himmel ohne Gott, mit der Pram als dem Innviertler Brahmaputra.

Von dort führte Kubelkas Weg bekanntlich in die weite Welt, u. a. bis New York, und das alles auf Grundlage eines Werks, das problemlos in Kudláceks Film passt und das sie geschickt einbaut - sie lässt Schwechater oder Arnulf Rainer nicht einfach ablaufen, sondern Kubelka zum Betrachter der eigenen Werke werden.

Das ist eine reflexive Struktur, die ins Innerste dieses schwierigen Genres des Künstlerporträtfilms führt. Kudlácek hat es auf diesem Gebiet zu einiger Meisterschaft gebracht (siehe In the Mirror of Maya Deren, Notes on Marie Menken), bei Kubelka verhält sich die Sache nun allerdings speziell. Denn als Großmythologe, Späthabsburger und Zweiunddreißigstelindianer ist Kubelka doch im Lauf seines Lebens so stark zu sich selbst gekommen, dass Kudlácek eine interpretierbare Differenz in seiner Persönlichkeit nur sehr diskret aufzuspüren vermag.

Und doch ist dies kein restaurativer Versuch, ein "Kunstwerk des Lebens" abzusegnen und durchzuwinken (und von Kubelka absegnen zu lassen). Die Fragmente, von denen im Titel die Rede ist, werden durchaus als solche ersichtlich, und die (Lebens-)Kunst wäre dann auch eine, das alles irgendwie zusammenzuhalten. Der Künstler als Identitätsakrobat - auch so kann man diesen spannenden Film sehen. (Bert Rebhandl, DER STANDARD, 6.9.2013)