Vom Fließband zur Autoshow, so lautet der Marschbefehl für acht Mazda3. In fünf Wochen fahren sie quer durch Russland mit dem Ziel, zur Eröffnung der IAA in Frankfurt zu sein

1977 fuhren zwei Mazda 323 von Japan über Indien, Afghanistan, die Türkei und Österreich nach Deutschland. Die Wiederauflage dieser Reise, die sowohl das Auto als auch die Fahrer an die Grenzen brachte, führt über eine andere Strecke. Quer durch Russland. Teil eins unserer Reise und eine Übersichtskarte finden Sie hier.

Adaptierungen, wie sie 1977 am Auto vorgenommen wurden, bleiben dem Mazda3 übrigens erspart. Kein Bullenfänger, kein Überrollbügel, keine Zusatzscheinwerfer. Die 15.000 Kilometer Straße zwischen Start und Ziel mögen schlecht sein, sind aber im Vergleich zu den damaligen Schlaglochpisten regelrecht Autobahnen. Noch dazu fuhren in den 1970ern die vier deutschen Autojournalisten die Reise in einem Stück, während die Tour3 in sieben Etappen unterteilt ist. Jede dauert eine Woche. Danach wechseln die internationalen Fahrer-Teams.

Wir steigen in Tjumen, auf dem vorletzten Teilstück der Reise, in die Tour als auch in den Mazda3 ein, um den den Wagen nach Moskau zu bringen. Die 600.000-Einwohner-Stadt ist das Tor zu Sibirien und kann sich einen gewissen Prunk leisten. Die fossilen Brennstoffe, die in der Provinz vorkommen, werfen ihre Zinsen ab.

Foto: Guido Gluschitsch

Die Köpfe der Tiefpumpen, die das schwarze Gold aus der Erde ziehen, nicken entlang der Weges vor sich hin. Das eine Mal stehen sie direkt neben der Straße, das andere Mal verstecken sie sich idyllisch im Birkenwald. Ganz selten sieht man hingegen Tiere. Erst nach der Ural-Überquerung sehen wir Kühe auf den Wiesen grasen oder Hühner vor den Häusern und auf der Straße herum laufen.

Foto: Guido Gluschitsch

In den Häusern findet man das Wild, das man unterwegs vergebens sucht. Beim Frühstück glaubst du, dich knutscht der Elch, und die einzigen Bären, die wir auf unserem Trip sehen, breiten sich recht zweidimensional über dem Fußboden aus.

Foto: Guido Gluschitsch

Die echten Wildtiere leben in den Städten. Freilaufende Hunde ziehen in Rudeln umher und taxieren gelangweilt die Leute. Ratten, so groß, dass ihnen keine Katze gewachsen zu sein scheint, laben sich an den Abfällen.

Foto: Guido Gluschitsch

Einen ganz anderen Blick auf Russland gewinnt man in Ufa. Dort empfängt uns der Mazda-Club der Stadt und fährt mit uns zu einem auf einem Hügel gelegenen Schloss-Restaurant. Der Skilift tut zwar so, als wären wir auf einem großen Berg, die wenige hundert Meter lange Abfahrt, die dazu gehört, würde bei uns aber höchstens als Pumuckl-Piste durchgehen.

Foto: Guido Gluschitsch

Noch pompöser gibt sich die Tartarenstadt Kazan. "Russland will uns nicht, aber sie wollen unser Geld", sagt die Reiseführerin hinter vorgehaltener Hand. Hauptattraktion der Stadt ist der Kreml, aber auch die Stadt selbst, mit ihrem von überall sichtbaren Springbrunnen, ist eine Reise wert.

Foto: Guido Gluschitsch

Das Paradies Kazan, mit seinen sauberen Straßen, blühenden Grünstreifen und Parks endet aber genau dort, wo die Ortstafeln stehen. Nur vereinzelt finden wir am Weg nach Moskau schöne, alte Holzhäuser.

Foto: Guido Gluschitsch

Je weiter wir nach Westen kommen, desto lebendiger wird das Treiben auf den Straßen der Dörfer. Vor vielen Häusern stehen kleine Verkaufsstände, wo die Einwohner Knoblauch, selbst gemachte Würste, eingelegtes Gemüse und Knabbereien verkaufen. Fixpreise gibt es nicht und die Verhandlungen werden umso zäher, je genauer die Frauen wissen, wie viel Rubel man eingesteckt hat.

Foto: Guido Gluschitsch

Männer sieht man bei diesen Verkaufsständen selten. Vor Moskau sitzt aber dort und da einer, mit einer weißen Tafel in der Hand, am Straßenrand. "Es gibt zwei Bedeutungen, dieses weißen Schildes", erklärt Lisa, die Russin, die im Voraus-Auto sitzt und für gewöhnlich, in strengem Ton, über Funk unsere Stimme des Navis ist. "Damit weisen sie die Lkw darauf hin, dass es hier fertiges Essen gibt." Die Fahrer stellen den Lkw ab, gehen mit dem Mann die wenigen Meter bis zum Haus, und essen dann dort.

Foto: Guido Gluschitsch

Die zweite Bedeutung, sagt Lisa, sei nicht dazu geeignet um über Funk verbreitet zu werden. Niemand fragt nach. Wenn Lisa etwas sagt, dann ist das so. "Ich bin mir sicher", mutmaßt ein Kollege von einem Automagazin, "Lisa hat ihre Ausbildung beim KGB gemacht." Und mit dieser Meinung ist er nicht allein. Standhaft hält sich das Gerücht, die zierliche Frau mit dem enormen Durchsetzungsvermögen, arbeite im Moskauer Hauptquartier des mächtigen russischen Geheimdiensts. Selbst von dessen Keller aus, sagen die Russen, könne man bis nach Sibirien sehen. Soll heißen: dem heute FSB genannten Dienst entgeht in dem Land genau gar nichts.

Foto: Guido Gluschitsch

Wenn Lisa auf die Uhr schaut und gleich danach über Funk den Befehl ausgibt: "Fahrt schneller Jungs, schließt die Lücken zwischen den Fahrzeugen", dann gelten keine Geschwindigkeitsbegrenzungen mehr. Mit denen nimmt es die Exekutive anscheinend sowieso nicht genau. "Weil sie mit ihrem Lada einem schnellen Fahrzeug eh nicht nachkommen würden", erzählt ein Russe. Aber wehe man hat auch nur 0,1 Promille Alkohol im Blut. Dann lernt man Russland von seiner strengen Seite kennen.

Foto: Guido Gluschitsch

Vielleicht liegt es daran, dass die Verkehrsregeln wie ein netter Hinweis verstanden und Polizisten nicht wirklich ernst genommen werden, dass man sich in Russland, zur Erhöhung der Verkehrssicherheit, auch skurrile Lösungen einfallen hat lassen. Wie etwa die Straße, die sich hoch klappt, wenn die Bahnschranken zugehen.

Foto: Guido Gluschitsch

Skurril sind auch manche Mobilitätslösungen. Ob der Besitzer mit seinem Beiwagen auch hin und wieder zum Fischen raus fährt, haben wir aber nicht gänzlich klären können. Sein Helm lässt aber auf eine gewisse Abenteuerlust schließen.

Foto: Guido Gluschitsch

Abenteuer haben die Fahrer der Mazda3 auf der anspruchsvollen Tour genug. Was ihnen anscheinend fehlt, ist ein wenig Kunst. Und so beginnen sie damit, in den Fahrpausen, ihre Autos zu verzieren.

Foto: Guido Gluschitsch

Nach sechs Tagen durch Russland, liegt das Ziel der vorletzten Etappe, Moskau, vor uns. Die Stadt mit 11,5 Millionen Einwohnern ist an diesem Wochenende beinah menschenleer. Der befürchtete Megastau bleibt uns zum Glück erspart.

Foto: Guido Gluschitsch

Dafür ist es mit den sonnigen Tagen vorbei. Es regnet, als wir durch die Stadt flanieren und natürlich auch beim Kreml vorbei schauen.

Foto: Guido Gluschitsch

Der Rote Platz: Wie so oft gesperrt. Das Militärblasmusik-Festival nimmt alljährlich um diese Zeit beinah das ganze Gelände für sich ein. Und während wir im Regen stehen, brechen 16 weitere Kollegen mit dem Mazda3 zur letzten Etappe durch Weißrussland und Polen nach Deutschland auf.

Foto: Guido Gluschitsch

In wenigen Tagen, wenn die internationale Automesse ihre Tore öffnet, werden wir sehen, ob sie die Autos auch noch gut über die letzten Kilometer ins Ziel brachten. Dann wird zumindest einer dieser Wagen auf dem Mazda-Stand zeigen, wie gut er 15.000 Kilometer Abenteuer wegsteckt. (Guido Gluschitsch, derStandard.at, 4.9.2013)

Link

Mazda Route3

Hinweis im Sinne der redaktionellen Leitlinien: Die Teilnahme an internationalen Fahrzeug- und Technikpräsentationen erfolgt großteils auf Basis von Einladungen seitens der Automobilimporteure oder Hersteller. Diese stellen auch die hier zur Besprechung kommenden Testfahrzeuge zur Verfügung.

Foto: Guido Gluschitsch