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Syrische Flüchtlinge an der Grenze zur Türkei.

Foto: EPA/Gem Neco

Diese Haltung ist völlig inakzeptabel": Hannes Swoboda, EU-Abgeordneter der SPÖ und Fraktionschef der Sozialdemokraten im EU-Parlament, findet das Ansinnen der ÖVP daneben, bei der Aufnahme von 500 syrischen Flüchtlingen vordringlich Christen Asyl zu bieten. "Christen zu schützen und andere nicht ist für einen Außenminister kein guter Ansatz", ärgert er sich im Gespräch mit dem STANDARD über entsprechende Aussagen von Vizekanzler und ÖVP-Chef Michael Spindelegger.

Abgesehen davon, bei einem solchen Vorgehen, zwischen "guten und weniger guten Flüchtlingen" zu unterscheiden, befürchtet Swoboda noch eine andere Konsequenz: "Dann dürfen wir uns nicht wundern, wenn einmal ein muslimisches Land sagt, es helfe nur Muslimen."

Er ist nicht der Einzige in Brüssel, der sich gegen das Vorhaben von Spindelegger, Mikl-Leitner und Co wendet. Jörg Leichtfried, SPÖ-Delegationsleiter im EU-Parlament, sagt: "Die Republik Österreich ist ein Staat, in dem Kirche und Staat zu trennen sind - und deswegen ist eine Religionszugehörigkeit auch kein Grund, bevorzugt aufgenommen zu werden." Hinter entsprechenden Aussagen in der ÖVP vermutet er "Wahlkampfmotive", aber: "Wenn es um Menschenleben geht, sollte man das tunlichst unterlassen."

Die rote Regierungsspitze in Wien, selbst im Wahlkampf, will bei dem Thema derzeit nicht anstreifen. Aus dem Kanzleramt heißt es nur, dass man sich bei der Aufnahme der Flüchtlinge nach den Vorgaben des UNHCR richten werde. Europa-Mandatar Swoboda meint: "Wir sollten da eine klare Haltung zeigen. Die Menschen verstehen das auch."

Auch die SPÖ-Nationalratsabgeordnete Christine Muttonen, außenpolitische Sprecherin, hält zu der "deplatzierten und unnötigen" Debatte, die die ÖVP losgetreten hat, fest: "Es geht um die Aufnahme von Schutzbedürftigen - egal, zu welcher Gruppe sie gehören, die gerade im syrischen Bürgerkrieg aufgerieben werden."

Europapolitiker Swoboda plädiert außerdem dafür, dass Österreich auch Geld für jene Nachbarstaaten zur Verfügung stellen sollte, die von Syriens Flüchtlingsströmen besonders betroffen sind.

Dass Österreich die Zahl der Flüchtlinge, die aufgenommen werden, mit 500 festlegt, verwundert die syrische Menschenrechtsaktivistin Rosa Yassin Hassan. Bei einer Syrien-Diskussion der grünen Bildungswerkstatt Dienstagabend sagte Hassan, sie wolle nicht undankbar sein, aber sie könne "nur lachen", wenn sie die Zahl 500 höre. Und wer nur Christen aufnehme, spalte die Syrer und Syrerinnen nur noch mehr.

Am Mittwoch meldete sich auch die Opposition zu dem Streit zu Wort. Die Grünen sprechen sich gegen ein "Ausmustern" von syrischen Flüchtlingen und für die Aufnahme einer fixen Zahl an Asylwerbern pro Jahr aus. Die FPÖ hingegen will bevorzugt Christen aufnehmen und am liebsten Asylwerberzentren an der EU-Außengrenze errichten.

Im Gegensatz zu Österreich hat sich Schweden schon am Dienstag bereiterklärt, allen Anträgen von syrischen Flüchtlingen stattzugeben. Jeder, der um Asyl bitte, werde aufgenommen, so die Einwanderungsbehörde.

Deutschland wiederum will 5000 Flüchtlinge aus Syrien aufnehmen. Die ersten 100 werden am 11. September in Hannover ankommen. Deutschland will sich laut Innenministerium "besonders schutzbedürftiger Menschen" annehmen. Das seien "oft Frauen, Kinder und Christen", heißt es auch dort, aber: Es gibt nicht von vornherein eine Präferenz für diese Bevölkerungsgruppen.

Die Flüchtlinge bekommen einen "besonderen Aufenthaltstitel" und können vorerst zwei Jahre in Deutschland bleiben. Finden sich in Deutschland syrische Familien, die Angehörige aus Syrien aufnehmen, so dürfen noch mehr Menschen kommen. Seit 2011 sind 17.000 Syrer nach Deutschland geflohen. (bau/nw/pm, DER STANDARD, 5.9.2013)