Diagnose: Überreaktion. Nicht anders kann die Antwort der Ärztekammer auf den Vorschlag von SP-Chef Gusenbauer, Ärzte mit Sanktionen zu belegen, wenn sie ihre Patienten allzu generös mit Pillen nach dem Motto "Das Teuerste ist gerade gut genug" versorgen, interpretiert werden. Wähnte sich die Kammerspitze doch gleich in einem Goetheschen Nachtstück, Marke "Und bist du nicht billig, so brauch’ ich Gewalt ...".

Warum die Aufregung? Natürlich muss auch die Verschreibepraxis in die Gesundheitsreform integriert werden. Sie ist ein heikler, kostspieliger Aspekt - und keineswegs reines Privatvergnügen der verschreibenden Mediziner, zumindest solange die Krankenkassen die teuren Pillen trotz billigerer Alternativen bezahlen müssen. Daher ist es sogar die Pflicht der Kassen, ein Auge auf die Verschreibegewohnheiten in den Praxen zu werfen. Aber nicht nur dorthin. Wer an der Verordnungspraxis etwas ändern will, muss beim Türöffner "Spital" beginnen. Dort werden Patienten oft mit teuersten Präparaten antherapiert. Was Spitälern von der Pharmaindustrie extrem billig oder teils sogar gratis zur Verfügung gestellt wird, schlägt sich im niedergelassenen Bereich in den Kassenbilanzen negativ nieder, weil dann der volle Preis zu zahlen ist. Eine überlegenswerte Alternative wäre, nur Wirkstoffe, nicht Markennamen zu verschreiben.

Wie ein "Arzneimitteldialog" ohne Flurschäden funktionieren kann, zeigt die Oberösterreichische Gebietskrankenkasse. Sie setzt auf Kooperation, Dialog, aber auch sanften Druck. Und es funktioniert. Das Geld, das die Ärzte durch die Verschreibung von billigeren Medikamenten oder Kleinpackungen einsparen, kassiert die Kasse nicht ein, sondern lässt es für neue ärztliche Leistungen in den Honorarkatalog zurückfließen. 2003 waren das 2,5 Millionen Euro. Eine klassische Win-Win-Situation. (DER STANDARD, Print-Ausgabe vom 1.8.2003)