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Enrique Peña Nieto ist seit neun Monaten im Amt.

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Bei den Protesten gegen Peña Nietos Reformen kam es zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und Polizei.

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Nach neun Monaten im Amt hat Mexikos konservativer Präsident Enrique Peña Nieto am Montag seine erste Rede zur Lage der Nation gehalten. Am Tag zuvor hatte das Unterhaus des Parlaments seine umstrittene Bildungsreform abgesegnet, die mehr Ganztagsschulen, Schulausspeisung und Computer für die Kinder vorsieht, aber auch das Lehrpersonal dazu verpflichtet, sich in regelmäßigen Abständen einer Evaluierung seiner Leistung zu unterziehen. Außerdem ist die Einführung von Aufnahmeprüfungen vor der Aufnahme in den öffentlichen Dienst vorgesehen.

Die Lehrergewerkschaften sind empört und rufen ab Mittwoch zu Protesten auf, um die Reform zu verhindern. Sie warnen davor, die alleinige Verantwortung für Missstände im Bildungsbereich beim Lehrpersonal zu suchen, und sehen Peña Nietos Reform als Versuch, den Bildungsbereich für private Anbieter zu öffnen und so ein Zweiklassensystem zu schaffen.

Flughafen blockiert

Vor zwei Wochen haben Lehrer aus den armen südlichen Bundesstaaten Mexikos ein Protestcamp auf dem Zocalo, dem Hauptplatz von Mexico-Stadt, errichtet, am Wochenende blockierten Demonstranten neun Stunden lang die Zufahrt zum Flughafen, immer wieder kam es zu gewalttätigen Auseinandersetzungen mit der Polizei.

Außer der Reform des Bildungswesens will der Präsident in diesem Jahr auch noch eine Restrukturierung des staatlichen Ölkonzerns Pemex in die Wege leiten. Dadurch soll es dem Staatsbetrieb ermöglicht werden, bei der Erschließung neuer Offshore-Ölvorkommen Partnerschaften mit ausländischen Firmen einzugehen.

Bodenschätze sind Staatseigentum

Die 1938 vom damaligen Präsidenten Lázaro Cárdenas angeordnete Verstaatlichung des mexikanischen Erdöls wird immer noch jedes Jahr am 18. März gefeiert. Artikel 27 der Verfassung schreibt fest, dass alle Bodenschätze Eigentum des Staates sind, 30 Prozent des mexikanischen Budgets kommen aus Pemex-Gewinnausschüttungen.

Pemex und die Politik

Doch mittlerweile hat die Realität die Absichten der damaligen Gesetzgeber eingeholt: Für die arbeitsintensive Offshore-Ölförderung greift auch Pemex mittlerweile auf externe Dienstleister zurück, wobei der billigste Anbieter den Zuschlag erhält. Viele Aufträge vergibt der Konzern auch an Subunternehmen aus dem Umfeld der mexikanischen Politik - so sind die Stiefsöhne des ehemaligen Präsidenten Vicente Fox an einer Firma beteiligt, die immer wieder Großaufträge von Pemex erhält.

Umfragen zufolge bringen 80 Prozent der mexikanischen Bevölkerung den Begriff Pemex mit Korruption in Verbindung. Viele befürchten, dass sich hinter Peña Nietos Bestrebungen, Pemex für ausländische Partner zu öffnen, eine versteckte Privatisierung verbergen könnte, von der lediglich die beteiligten Politiker in Form von Schmiergeldzahlungen profitieren.

Investoren gesucht

Der Präsident selbst sieht das naturgemäß anders: Da die Fördermenge in den vergangenen zehn Jahren um 25 Prozent gesunken ist, sei es erforderlich, Investoren wie die brasilianische Petrobras oder den US-Konzern Exxon Mobil an Bord zu holen, die Erfahrung mit Tiefwasserbohrungen und der Erschließung von Schiefergas-Vorkommen haben. Er argumentiert, dass von seinem Reformprojekt schlussendlich alle mexikanischen Familien in Form niedriger Öl- und Gaspreise profitieren würden.

Mit Telmex-Privatisierung zu Reichtum

Zumindest die Privatisierung des Telefonanbieters Telmex in den 90er Jahren, die von der Weltbank als Musterbeispiel gefeiert wird, hat sich für den damaligen Käufer ausgezahlt: Das Konsortium "Grupo Carso", das der mexikanische Milliardär Carlos Slim gemeinsam mit France Télécom und Southwestern Bell gründete, war Höchstbietender für das Festnetzimperium. Der Käufer durfte den Preis aber entgegen den Gepflogenheiten über mehrere Jahre mit den Einnahmen aus dem Tagesgeschäft abstottern. Heute kontrollieren Slims Firmen 70 Prozent der drahtlosen Telefonie und 80 Prozent der Festnetz-Leitungen in Mexiko. (bed, derStandard.at, 4.9.2013)