Linz - Nicht den üblichen Weg, durch den Saal marschierend, händeschüttelnd an seinen Fans vorbei, wählte Heinz-Christian Strache für seinen Wahlkampfauftakt im Linzer Design-Center. Der blaue Spitzenkandidat trat Samstagabend aus waberndem Trockeneisnebel, die Österreich-Fahne schwenkend, vor seine knapp 5000 Anhänger. Dazu sang der Finalist der ORF-Show "Die große Chance", Werner Otti, seine selbstkomponierte Hymne für Strache: "Liebe ist der Weg".
Irritiert über die neue Performance seiner Nummer eins meinte ein Anhänger im Nachhinein: "Beim politischen Aschermittwoch in Ried, da hatten wir immer eine Gaudi." Und jetzt: keine Tracht, wie sie H.-C. bei seinen Oberösterreich-Auftritten - ob nun in Ried oder zum 1. Mai am Urfahraner Jahrmarkt in Linz - trägt, keine derben Schenkelklopfer, sondern im Anzug mit Krawatte: Strache präsentierte sich als der nächste, "der bessere Kanzler".
Schon wenige Minuten nach Beginn seiner gut einstündigen Rede rief er in den Saal: "Wenn ich Kanzler bin ..." Dann werde es eine steuerliche Entlastung für kleinere und mittlere Einkommen geben, die direkte Demokratie eingeführt, ein Ausstieg aus dem Europäischen Stabilitätsmechanismus ESM initiiert, die Pensionen nach dem Pensionistenpreisindex angepasst. Das alles versprach er "als österreichischer Kanzler" umzusetzen. Laut Market-Umfrage wünschen sich ihn jedoch derzeit nur zwölf Prozent der Wähler als Kanzler.
Strache will über 20 Prozent
Nicht minder hoch steckte der blaue Bundesparteiobmann das Ziel für das Abschneiden seiner Partei bei den Wahlen: deutlich über 20 Prozent, in Richtung 30 Prozent. Prognostiziert werden der FPÖ lediglich 19 Prozent: "Nicht die Umfragen, sondern das amtliche Ergebnis am 29. September" zähle für ihn. Dennoch dürfte Strache ob des Erreichens dieses Stimmenanteils nervös sein. So appellierte er eindringlich an seine Fans in Linz: "Wir müssen in den nächsten Wochen klarmachen, dass eine Stimme für mich eine gut investierte Stimme ist."
Doch der Spitzenkandidat forderte und versprach im Design-Center nicht nur viel, er attackierte auch seine Konkurrenten. So zeigte sich der FPÖ-Spitzenkandidat seinen Anhängern deutlich angriffslustiger als beim TV-Duell mit Eva Glawischnig, dem "grünen Soletti" (Strache).
In Bundeskanzler Werner Faymann sah er den "Handlanger des Großkapitals" , weil er für Bankenhilfe stehe. ÖVP-Obmann Michael Spindelegger wiederum sei "kein Herausforderer", sondern "g'schamster Diener" von Faymann. "Steuerflüchtling" Frank Stronach richtete er aus: "We are from Austria, geh zurück nach Kanada." Bei derartigen Sagern wurden bei seinen Getreuen Erinnerungen an die guten alten Zeiten (in Ried) wach. Der Jubel im Saal ließ nicht auf sich warten. (Kerstin Scheller, DER STANDARD, 2.9.2013)