Es soll ein schneller, kurzfristiger Entschluss des US-Präsidenten gewesen sein, den Kongress in die Entscheidung über eine militärische Intervention in Syrien miteinzubeziehen. Einer, mit dem nur wenige gerechnet haben. Barack Obamas Plan der Offensive in Syrien scheint immer mehr zur Defensive vor den kritischen Blicken der Weltöffentlichkeit zu werden. Die "Rote Linie" verkommt zum leeren Schlagwort, nachdem schon Großbritannien die Unterstützung versagte. Die Chance, dass Obama, der bisher immer eine zurückhaltende Syrien-Politik favorisiert hat, nun auch im Kongress mit seinem Interventions-Vorschlag durchfällt, ist möglicherweise sogar intendiert. Für viele Republikaner ist die Strategie eines kurzen Angriffes auf militärisch wichtige Infrastruktur des Assad-Regimes einfach zu kurz gegriffen und unausgereift.
Die Frage nach der Effektivität eines Militärschlags, der erst nach über zwei Wochen des Kriegsgetrommels beginnt, muss mittlerweile gestellt werden. Je länger einerseits auf hieb- und stichfeste Beweise und Konsens von UN-Sicherheitsrat und Parlamentarier gewartet wird, desto unwahrscheinlicher wird es, dass eine Intervention bei Assad bleibenden Eindruck hinterlässt. Die Ratlosigkeit und Unsicherheit, die sich in den Gesichtern westlicher Politiker abzeichnet, trägt ihr Übriges dazu bei. Wie ein Eingriff von außen die Machtverhältnisse in Syrien verschieben würde, weiß keiner. Selbst darüber, wie diese Machtverhältnisse derzeit aussehen, gibt es nicht genug Information.
Kein "günstiger Zeitpunkt"
Die Vielzahl an unberechenbaren Faktoren in diesem Konflikt - darunter Assads irrationales Verhalten, die Stärke der Islamisten, die Intentionen der schweigenden Zivilbevölkerung - macht es so schwierig, die Konsequenzen einer militärischen Intervention im Vorhinein zu kalkulieren. Im besten Fall hätte ein effektiver, kurzer Angriff auf die militärische Infrastruktur Präsident Assad einen Denkzettel verpasst und das syrische Regime zumindest vorübergehend etwas geschwächt. Fraglich ist, ob das zum jetzigen Zeitpunkt noch möglich wäre und ob das daraus entstehende Machtvakuum nicht in weiterer Folge eher Islamisten und Extremisten stärkt. Im schlimmsten Fall aber könnte sich Assad durch eine Intervention von außen erst recht im Bestreben, seine Macht um jeden Preis zu erhalten, bestärkt fühlen und die USA herausfordern. Die Folge wäre eine weitere Eskalation des Konflikts, möglicherweise mithilfe eines nochmaligen Einsatzes von Chemiewaffen und vielen weiteren Toten.
So wenig attraktiv diese Optionen auch scheinen, so sehr kann infrage gestellt werden, dass es im Falle des syrischen Bürgerkriegs je so etwas wie einen "günstigen Zeitpunkt" für eine Entschärfung gegeben hat. Mehr als zwei Jahre sind inzwischen vergangen, in denen die Syrer mit ihrem Konflikt sich selbst überlassen waren. Das würde auch im Falle eines kurzen Militärschlags so bleiben. (Teresa Eder, derStandard.at, 1.9.2013)