ÖVP-Chef Michael Spindelegger versucht es mit einer neuen, offensiven Wahlkampfstrategie: "Kampflächeln".

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Graz - Augen zu und durch. Hoch droben in den Bergen, in der Schafalmhütte bei Schladming, sammelte sich die Spitze der ÖVP von Donnerstag auf Freitag zu einer Klubklausur - und rückte ganz eng zusammen. "Wir sind eine eingeschworene Truppe, die jetzt bis zur Wahl Volldampf kämpft", postulierte Finanzministerin Maria Fekter knorrig mit lokalem Zungenschlag.

Das Hüttengaudi-Ambiente sollte wohl auch für einige Stunden vergessen machen, was der Partei seit Tagen so schwer zu schaffen macht: parteiinterne Zwistigkeiten, öffentlich ausgetragene Schaukämpfe zwischen Arbeitnehmerflügel und Wirtschaftsbund und vor allem die wieder virulent gewordene Affäre um dubiose Finanzierungen der Partei. Die Selbstsuggestion zeigte jedenfalls Wirkung: Justizministerin Beatrix Karl empfand die Stimmung in der Partei gar "ausgezeichnet", die Parteifinanzierungsvorwürfe seien ein "alter Hut", sie könne in der Partei keine Irritationen orten. Innenministerin Johanna Mikl-Leitner sah in den Vorwürfen sogar ein "Kraftfutter für unsere Funktionäre".

Auch für Klubobmann Karlheinz Kopf sind die Verdächtigungen über angebliche Scheinrechnungen und Schwarzgeldkonten ein politisches Doping für die ÖVP-Kader, sie stachelten die Funktionäre sogar auf, "um sich noch mehr anzustrengen im Wahlkampf, um es denen zu zeigen, die das ganze möglicherweise inszeniert haben", sagte Kopf ohne das Wort "SPÖ" - die ja selbst mit Telekom-Vorwürfen zu kämpfen hat - in den Mund zu nehmen.

Kein "T-Wort"

Parteichef Michael Spindelegger vermied es überhaupt, das "T-Wort" (Telekom) zu benennen, er versprach nur hoch und heilig, wenn er Bundeskanzler sein werde "ist Sauberkeit angesagt". "Aber, um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen - das aus der Vergangenheit gehört aufgearbeitet. Ich stehe dazu, dass es keine Machenschaften gibt. Als Bundeskanzler werde ich jeden Tag Anstand und Ehrlichkeit praktizieren. Das bin ich", rief er dem Partei-Auditorium zu.

Als untadelig hatte ihn zuvor schon der Kärntner Parteichef Gabriel Obernosterer beschrieben, als Kandidaten "mit der schneeweisen Weste. Den können wir ins Schaufenster stellen und stolz auf ihn sein." Der steirische Hausherr, Landeshauptmannstellvertreter, Hermann Schützenhöfer, attestierte seinem Bundesparteichef sogar, dass er ein dermaßen vertrauenswürdiger Mann sei, dass man ihm selbst einen Gebrauchtwagen abkaufen würde.

Spätestens beim Abstieg von der Alm hatte die ÖVP-Spitze am Freitag aber wieder die Realität eingeholt. Das Faktum der staatsanwaltlichen Ermittlungen wegen jener Gelder, die von der Telekom, aber auch den Lotterien und der Raiffeisen Oberösterreich in ÖVP-Kassen geflossen sein sollen, - angeblich rund 190.000 Euro zwischen 2005 und 2006 - lasten im Wahlkampf ja doch schwer.

"Verheimlichung"

Die jetzt aufgetauchten, neuen Dokumente rufen in der Grünen-Politikerin Gabriela Moser bittere Erinnerungen wach. Sie hatte den Telekom-U-Ausschuss geführt, ehe dieser von ÖVP, SPÖ und BZÖ ziemlich brutal abgedreht worden ist und auch mit einem erzwungenen Rückzug Mosers geendet hatte. Rot, Schwarz und Orange hatten beschlossen, dass keine neuen Dokumente mehr an den U-Ausschuss geliefert werden dürften. "Es hat ja auch die FPÖ mitgeholfen. Wir hätten schon damals diese Dokumente und Rechnungen einsehen können, aber man hat die Unterlagen verheimlicht. Das war ein Bumerang, jetzt sind sie zu einem für ÖVP und SPÖ viel ungünstigeren Zeitpunkt ja doch auf den Tisch gekommen", sagte Moser im Standard-Gespräch.

Und auch Parlamentspräsidentin Barbara Prammer fühlt sich bestätigt. Sie hatte das Abdrehen des U-Ausschusses als "fatale Optik" bezeichnet. "Daran hat sich bis heute nichts geändert", bemerkte Prammer am Freitag. (Walter Müller, DER STANDARD, 31.8.2013)