Bild nicht mehr verfügbar.

Grafik: APA
Grafik: AK OÖ

Wien - Immer weniger Beschäftigte kommen mit ihrem Einkommen aus, geht aus dem Arbeitsklima-Index der Arbeiterkammer Oberösterreich hervor. Seit Ausbruch der Krise vor fünf Jahren haben sich die Werte drastisch verschlechtert: 2008 sind 40 Prozent der Befragten "gerade" über die Runden gekommen, heuer 51 Prozent. Für elf Prozent reicht das Einkommen jetzt gar nicht mehr aus (2008: 10 Prozent).

Umgekehrt konnten vor fünf Jahren noch 14 Prozent "sehr gut" von ihrem Verdienst leben, 2013 nur mehr sechs Prozent. Über ein "vollkommen" ausreichendes Einkommen verfügen nunmehr 32 Prozent, 2008 waren es 36 Prozent.

AK: Einkommensschere vergrößert sich

Für die Arbeiterkammer ist das ein Alarmsignal: "Die Einkommensschere geht immer weiter auseinander, der Riss in der Gesellschaft wird immer größer", heißt es im aktuellen Bericht zum Arbeitsklima-Index.

Betroffen von "Working Poor", also Armut trotz Arbeit, sind nach wie vor überwiegend Berufssparten, in denen viele Frauen arbeiten. In der Gastronomie, im Einzelhandel, im Friseur- und Kosmetikgewerbe sowie im Kinderbetreuungsbereich reicht für zumindest jede Zehnte das Einkommen nicht aus.

Menschen mit knappem Einkommen sind daher finanziell auf ihre Partner (ein Drittel), Eltern (14 Prozent) oder den Staat (13 Prozent) angewiesen und sind mit ihrer sozialen Position und ihrer sozialen Absicherungen wenig zufrieden.

Bei Reinigungskräften reicht es oft hinten und vorne nicht

Am schlechtesten stehen Reinigungskräfte da. Sie sind nicht nur mit ihren Zukunftsperspektiven, dem Betriebsklima und den körperlichen Belastungen vergleichsweise unzufrieden, sondern auch mit ihrem Einkommen. Für fast 22 Prozent reicht das Geld gar nicht, für weitere 55 Prozent geht es sich nur knapp aus.

Als "Working Poor" gelten Personen im Erwerbsalter (18 bis 64 Jahre), deren Haushaltseinkommen inklusive etwaiger Sozialleistungen trotz Erwerbstätigkeit unter der Armutsgefährdungsschwelle liegt. Für einen Ein-Personen-Haushalt sind das momentan 1.066 Euro pro Monat, zwölfmal im Jahr. Rund eine Million Österreicher sind armutsgefährdet, das sind 13 Prozent der Bevölkerung.

Umfrage zur Jobzufriedenheit

Die einen gehen ganz gerne ins Büro, weil sie nette Kollegen haben und ausreichend verdienen, die anderen leiden unter körperlichem oder psychischem Stress am Arbeitsplatz und kommen noch dazu mit ihrem Verdienst kaum über die Runden: Die Jobzufriedenheit in Österreich schwankt enorm, wie der Arbeitsklima-Index zeigt. Während Büroangestellte (ohne Kundenkontakt), Geschäftsführer und Bankangestellte gute Noten geben, sind Lkw-Fahrer, Reinigungskräfte und Bauarbeiter am unzufriedensten. Besonders schlecht steht es um die Leiharbeiter.

Dem AK-Arbeitsklima-Index zufolge kommen Leiharbeiter nur auf einen Zufriedenheitswert von 87 Punkten - das ist 21 Punkte weniger als der Durchschnitt der anderen Beschäftigten, der für die Jahre 2011 bis 2013 bei 108 Punkten lag. Am größten ist der Unterschied bei den Teilindizes "Gesellschaft" und "Erwartungen". Leiharbeiter, folgerte die Arbeiterkammer am Freitag, "sind klar unzufriedener mit ihren Rechten, mit ihrer sozialen Position, mit ihren Aufstiegschancen und mit ihren Chancen auf dem Arbeitsmarkt." In allen erfragten Bereichen sind die überlassenen Arbeitskräfte entweder unzufriedener, pessimistischer oder stärker belastet.

Leiharbeiter stark belastet

Einer von drei Leiharbeitern fühlt sich durch den kontinuierlichen Arbeitsdruck beziehungsweise die fehlenden Pausen stark oder ziemlich stark belastet. Vielfach leiden sie unter körperlichem Stress, denn 40 Prozent der Leiharbeiter sind in Industrie oder Gewerbe tätig, zum Beispiel in Fabriken oder am Bau. Mehr als ein Viertel - und damit doppelt so viele wie der Durchschnitt aller Beschäftigten - sehen sich sehr oder ziemlich Unfall- und Verletzungsgefahren ausgesetzt. Unter schlechten gesundheitlichen Bedingungen am Arbeitsplatz leidet jeder dritte Leiharbeiter.

Das wirkt sich auf das gesamte Wohlbefinden aus. Nur 48 Prozent der Leiharbeiter sind mit ihrem Leben zufrieden. Auch der Blick in die Zukunft treibt ihnen die Sorgenfalten auf die Stirn: 62 Prozent halten es für unwahrscheinlich, dass sie ihre momentane Arbeit bis 65 ausführen können (Durchschnitt der anderen Beschäftigten: 45 Prozent). Viele möchten das aber gar nicht unbedingt: 28 Prozent würden gerne die Firma wechseln, 18 Prozent den Beruf. Aber nur 27 Prozent glauben, dass sie sehr leicht oder leicht einen neuen Job finden würden. Bei den anderen Beschäftigten liegt dieser Wert bei 47 Prozent. Nicht einmal jeder zweite Leiharbeiter - 2012 waren dies in Österreich 78.414 Personen, um knapp fünf Prozent mehr als im Jahr davor - hält seinen Job für sicher.

Bauarbeiter, Reinigungskräfte, Fahrer

Auch bei den regulär Beschäftigten ist nicht alles eitel Wonne: Die niedrigsten Zufriedenheitswerte wiesen Bauarbeiter (94 Punkte), Reinigungskräfte (96 Punkte) sowie Berufs- und Fernfahrer (97 Punkte) auf. Alle drei Berufsgruppen haben besonderen physischen Stress: Bauarbeiter kommen hier auf einen Wert von 58 Punkten, die besten Jobs nur auf vier bis acht Punkte. Für die Arbeiterkammer besonders alarmierend ist, dass sich jeder zweite Bauarbeiter durch schlechte Gesundheitsbedingungen oder Unfall- und Verletzungsgefahr ziemlich oder stark belastet fühlt.

Ein weiterer Zufriedenheitsfaktor ist die soziale Einbindung: 16 Prozent der Berufsfahrer, acht Prozent der Bauarbeiter und sieben Prozent der Reinigungskräfte leiden unter Einsamkeit am Arbeitsplatz, aber nur ein Prozent der Bank- und Büroangestellten sowie Geschäftsführer. Deren Zufriedenheitswerte sind mit 118 (Büroangestellte), 117 (Geschäftsführer) beziehungsweise 116 Punkten (Bankangestellte) am höchsten.

Kritik am Führungsstil

Die meisten Büroleute mögen ihre Chefs (84 Prozent), wohingegen nur 59 Prozent der Bauarbeiter mit dem Führungsstil ihrer Vorgesetzten zufrieden sind. Auch bei den Zukunftsperspektiven und dem Arbeitsklima klafft eine große Lücke: Zwei Drittel der Menschen in Top-Drei-Berufen sind mit ihren Aufstiegschancen zufrieden und können sich sehr gut vorstellen, noch einmal in der gleichen Firma anzufangen (80 Prozent). Dagegen sieht in den untersten drei Kategorien nur etwas mehr als jeder Dritte adäquate Entwicklungsmöglichkeiten. "Selber Betrieb, nein danke", sagen mehr als jeder zweite Bauarbeiter, 48 Prozent der Reinigungskräfte und 37 Prozent der Berufsfahrer. (APA/red, derStandard.at, 30.8.2013)