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David Cameron im Parlament in London.

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Die Royal Air Force verlegte am Donnerstag sechs Eurofighter-Kampfjets auf den Luftwaffenstützpunkt Akrotiri auf Zypern.

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Damaskus/London/Washington - Großbritannien wir voraussichtlich nicht an einem möglichen Militärschlag gegen Syrien teilnehmen. Das erklärte der britische Verteidigungsminister Philip Hammond in der Nacht auf Freitag gegenüber dem Sender BBC. Zuvor hatte die Regierung von Premierminister David Cameron überraschend eine Abstimmung im Parlament über einen Einsatz verloren.

Mit 285 zu 272 Stimmen lehnte das Unterhaus im Prinzip militärische Schritte ab, die weitere Giftgaseinsätze des Regimes von Machthaber Bashar al-Assad verhindern helfen sollten. Cameron erklärte anschließend, es sei klar geworden, dass die Abgeordneten und das britische Volk gegen einen Militärschlag seien. "Das habe ich verstanden und die Regierung wird entsprechend handeln." Er respektiere den Willen des Unterhauses.

Beweise verlangt

Auf Druck der Labour-Opposition und auch aus den eigenen Reihen hatte Cameron die Abstimmungsvorlage zuvor deutlich abmildern müssen. Labour hatte die abgeschwächte Abstimmungsvorlage erwirkt und "zwingende Beweise" für die Anwendung von Chemiewaffen durch das Regime des syrischen Präsidenten Bashar al-Assad verlangt. Eine weitere Vorlage von Labour, die eine "Road Map" für das weitere Vorgehen vorgab, wurde auch abgelehnt.

Großbritannien ist seit Jahrzehnten einer der engsten Verbündeten der USA. Cameron hatte seinen Urlaub abgebrochen und das Parlament aus der Sitzungspause zurückgerufen, um über einen Angriff auf Syrien zu debattieren.

Obama will unabhängig entscheiden

Die USA lassen sich durch die Ablehnung möglicher militärischer Schritte im britischen Parlament nicht von ihrem Kurs gegen Syrien abbringen. "US-Präsident Barack Obama will seine Entscheidung über eine Militärintervention in Syrien "im Interesse der USA" fällen. "Wir haben das Ergebnis der Parlamentsabstimmung in Großbritannien gesehen", erklärte die Sprecherin des Nationalen Sicherheitsrats, Caitlin Hayden, am Donnerstag in Washington. Die USA stünden weiterhin mit der britischen Regierung in Verbindung, Obama werde sich aber bei seiner eigenen Entscheidung davon leiten lassen, "was im Interesse der USA liegt", führte sie aus.

Der US-Präsident sei davon überzeugt, dass Kerninteressen des Landes auf dem Spiel stünden und dass Staaten, die gegen internationales Recht verstoßen hätten, "dafür zur Verantwortung gezogen werden müssen", erklärte Hayden.

Beweise am Freitag

Auch die "New York Times" berichtete am Donnerstag auf ihrer Internetseite unter Berufung auf US-Regierungskreise, dass Obama mit einem möglichen Militäreinsatz nicht auf Großbritannien warten werde. Obamas Regierung erachte die ihr vorliegenden Beweise gegen die syrische Führung um Staatschef Bashar al-Assad bezüglich der Chemiewaffeneinsätze als ausreichend. Zwar hätten die US-Geheimdienste Assad nicht direkt in Verbindung mit dem Giftgasangriff bringen können. Doch es gebe keine Zweifel, dass seine Streitkräfte die Chemiewaffen eingesetzt hätten, schrieb die Zeitung unter Berufung auf Regierungskreise. Die Beweise würden einen begrenzten Militärschlag rechtfertigen, um die syrische Führung von einem erneuten Giftgaseinsatz abzuhalten.

Die US-Regierung stützt sich den Angaben zufolge vor allem auf ein abgehörtes Telefonat eines syrischen Befehlshabers. Daraus gehe hervor, dass die Giftgasattacke offenbar zerstörerischer gewesen sei als geplant. "Es hört sich an, als ob es ein kleiner Einsatz war, der außer Kontrolle geraten ist", zitierte die "New York Times" einen Geheimdienstvertreter.

Die US-Regierung will die Geheimdiensterkenntnisse zum mutmaßlichen Giftgaseinsatz in Syrien offenbar am Freitag veröffentlichen. Dies berichtete CBS News auf seiner Internetseite unter Berufung auf einen hochrangigen Regierungsvertreter.

Gemeinsame Linie im Sicherheitsrat gesucht

Die Weltgemeinschaft suchte am Donnerstag unterdessen auf allen diplomatischen Kanälen nach einer Alternative zum drohenden Militärschlag gegen Syrien. Die Telefondrähte liefen am Donnerstag heiß, um doch noch eine gemeinsame Linie im UN-Sicherheitsrat zu finden. Ein eilig einberufenes Treffen der fünf ständigen Ratsmitglieder USA, Russland, China, Großbritannien und Frankreich endete am Abend aber ohne Erklärung.

Westlichen Diplomaten zufolge sollte es bei dem Treffen noch einmal um einen britischen Entwurf für eine Resolution gehen. Sie würde Luftschläge gegen Syrien erlauben, wurde aber bisher von Moskau und China blockiert.

Experten der Vereinten Nationen suchen noch bis diesen Freitag vor Ort nach Beweisen für einen Giftgasangriff in der vergangenen Woche. UN-Generalsekretär Ban Ki-moon sagte, das UN-Team werde Syrien bis Samstagmorgen verlassen und werde ihm gleich danach berichten.

Militärische Vorbereitungen gehen weiter

Ungeachtet aller Diplomatie treiben die USA, Frankreich und Großbritannien die Vorbereitungen für einen Angriff auf Stellungen in Syrien voran. Am Donnerstag traf ein fünfter Lenkwaffenzerstörer der US-Marine mit Marschflugkörpern im östlichen Mittelmeer ein. Die Briten verlegten sechs Kampfflugzeuge des Typs Eurofighter "Typhoon" auf die Luftwaffenbasis Akrotiri auf Zypern, um ihre Hoheitsgebiete in "Zeiten erhöhter Spannungen" absichern. Russland setzte den Raketenkreuzer "Moskwa" sowie ein U-Boot-Abwehrschiff zum Schutz seiner Marinebasis in der syrischen Hafenstadt Tartus in Marsch; der Lenkwaffenkreuzer "Warjag" soll folgen. Der syrische Machthaber Bashar al-Assad bestritt erneut den Vorwurf des Gaseinsatzes. Im Staatsfernsehen kündigte er an: "Syrien wird sich gegen jeden Angriff verteidigen."

Die syrische Regierung steht in Verdacht, vergangene Woche Giftgas eingesetzt zu haben. Mehrere westliche Staaten, darunter die USA und Großbritannien, diskutieren als Reaktion einen Militärschlag. Die Regierung von Präsident Bashar al-Assad weist die Vorwürfe zurück.

Österreich will 500 Flüchtlinge aus dem Bürgerkriegsland Syrien aufnehmen, wie Außenminister und Vizekanzler Michael Spindelegger (ÖVP) am Donnerstag gegenüber der "Zeit im Bild" ankündigte. Schwerpunktmäßig werde es sich um Kinder, Frauen und Christen handeln, da dies besonders gefährdete Gruppen seien. Die Hilfe soll in den nächsten Wochen erfolgen. (APA, 30.8.2013)