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Die CDU würde gern nur manche Fragen gestellt bekommen. Welche genau, ist in einem Musterinterview nachzulesen.

Foto: Julian Stratenschulte/dpa

Schon klar, im Wahlkampf wollen die Spitzenkandidaten der Parteien gut da stehen und gut aussehen. Das führt vor allem bei Wahlplakaten zu leicht bizarren Auswüchsen. So schaut der 67-jährige FDP-Spitzenkandidat Rainer Brüderle - nun ja, man will nicht den Begriff Marzipanschweinchen verwenden -, also jedenfalls schaut er auf Großplakaten recht rosig und glatt gebügelt aus.

Natürlich wurde auch Kanzlerin Angela Merkel auf frisch geschminkt, um ein positives Bild zu vermitteln. Dazu passt ein Interview mit Merkel, über das sich Journalisten in Berlin derzeit amüsieren.

Vorgefertigtes Musterinterview

Man muss vorausschicken, dass Interviews der deutschen Kanzlerin mit der Auslandspresse so selten sind wie ihre Auftritte in langen Roben. Doch vor der Bundestagswahl am 22. September kommen plötzlich rund 250 deutschsprachige Auslandsmedien (von Mallorca bis Chile) in den Genuss eines Merkel-Interviews. Damit sich alle Beteiligten im ohnehin stressigen Wahlkampf Arbeit ersparen, verschickt die CDU-Bundesgeschäftsstelle praktischerweise gleich vorgefertigte "Musterinterviews" mit Merkel.

Alles gut mit Merkel

Diese bestehen aus sechs Fragen, eine härter und kritischer als die andere. "Frau Bundeskanzlerin, wo steht Deutschland kurz vor Ende der Legislaturperiode des Bundestages?", lautet eine. Und: "Wir sind Zeugen einer rasanten Globalisierung. Welche Rolle verbleibt in diesem Prozess der transatlantischen Partnerschaft?" Die Antworten sind ebenso wenig überraschend: alles gut mit Merkel, weiter so mit Merkel.

Ein Leitfaden aus der Zentrale

Dass Wahlkämpfer stets den richtigen Ton treffen, ist der CDU-Zentrale sehr wichtig. Also hat sie für die unteren Ebenen einen Leitfaden mit dem Titel "Die richtigen Worte finden" erstellt. Ein Tipp darin: "Seien Sie persönlich! Stellen Sie sich auf Ihren Adressaten ein und passen Sie Ihre Sprache entsprechend an! Ein Brief an eine 70-jährige Berlinerin muss anders aussehen als an einen 21-jährigen Kölner."

Die Strategen raten zur "einfachen, bildhaften und emotionalen Sprache", man möge Werte wie "Sicherheit", "Ordnung" oder "Leistung" verwenden, nicht aber Begriffe der politischen Konkurrenz ("Herdprämie").

Lexikon für Wahlkämpfer

Es gibt sogar ein "Kleines Lexikon für Wahlkämpfer", darin sind jene Begriffe und Formulierungen aufgelistet, die CDU-Wahlkämpfer nicht verwenden sollen - und natürlich auch jene, die viel besser klingen: "Bus und Bahn" statt "öffentlicher Nahverkehr". Das Wort "sozial" mag die CDU auch nicht so gern, es erinnert offenbar zu sehr an die SPD. Lieber sind ihr die Begriffe "anständig, sicher, verlässlich, verantwortungsvoll, ordentlich".

FDP und NPD werben mit gleicher Familie

Dass die schönste Sprache nichts nützt, wenn man beim Bild danebengreift, muss gerade die FDP erfahren. Sie verwendet in einem Video mit Spitzenkandidat Rainer Brüderle eine Sequenz, in der eine Bilderbuchfamilie (Vater, Mutter, Mädchen, Bub) durch die Natur radelt. Peinlich nur, dass die rechtsextreme NPD genau die gleiche Szene in einem Spot zeigt. Das Material (15 Sekunden "Family With Two Kids Cycling In The Park") hat es sogar bis Finnland geschafft, dort wirbt ein Unternehmen damit für Topfen. (Birgit Baumann, derStandard.at, 29.8.2013)