"Diskretion ist nämlich oberstes Gebot im Umgang mit Damen."

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Es ist heute an der Zeit, noch einmal über den modernen Gentleman nachzudenken. Als vor kurzem an dieser Stelle stand, dass dieser seine Erdäpfel nicht mit dem Messer schneiden dürfe, erhob sich ein Sturm der Entrüstung.

Warum zur Gabel greifen, wenn man dem Erdäpfel auch mit dem Messer an die Pelle rücken kann? Das ist eine durchaus verständliche Reaktion. Wenn es um des Österreichers liebstes Gemüse geht, sollte man sich von lieb gewordenen Ritualen nicht verabschieden.

Das gilt im Übrigen auch von anderen Dingen, die es im Leben eines modernen Gentleman zu beachten gilt. Laut dem Regelwerk, aus dem wir in der letzten Kolumne zitiert haben, müssen wir auch noch bei anderen lieb gewordenen Gewohnheiten umdenken.

Diskretion ist oberstes Gebot

Regel Nummer 32 besagt etwa, dass man auf einer Stiege nie hinter einer Dame gehen dürfe. Dabei könnte man ihr nämlich auf die Beine oder (noch schlimmer) auf den Allerwertesten starren, was sich für einen wahren Gentleman nicht geziemt. Besser ist, man geht nebeneinander.

Das Problem dabei ist allerdings die Regel Nummer 16, die es einem wahren Gentleman auferlegt zu genießen und zu schweigen: "Diskretion ist nämlich oberstes Gebot im Umgang mit Damen." Schweigen ist demnach also nur angebracht, wenn man zuvor auch etwas genossen hat. Genau das scheint aber nicht immer erlaubt zu sein. Wir sehen: Es ist nicht einfach, ein Gentleman zu sein. Aber wir sind gerne bereit, es immer wieder von Neuem zu probieren. (Stephan Hilpold, Rondo, DER STANDARD, 30.8.2013)