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Das NSA-Hauptquartier in Fort Meade.

Foto: AP/Semansky

Unversehens kamen dabei auch der aktuelle Prism-Spionageskandal und seine Auswirkungen auf Österreich ins Spiel.

Digitales Warngebimmel ertönt aus dem Off. Eine sanfte Männerstimme erklärt beinahe einschläfernd ruhig, dass das Gebäude geräumt werden muss. Auf Deutsch und auf Englisch. Hunderte Teilnehmer des Europäischen Forums müssen das Kogresszentrum in Alpbach verlassen. Feueralarm – Fehlalarm ist ausgelöst worden. 20 Minuten später wird ein Herr von der Saalsicherheit sagen: "Wir haben keine Ahnung, was da war. Die Warnanlage hat automatisch angeschlagen. Vielleicht sind wir gehackt worden."

Die Episode passt wie bestellt zum Thema des Tages: In Alpbach geht es um Cybersicherheit, um Cyberkrieg und die Alarmstufe Rot im Cyberspace. Melissa Hathaway, ehemals Beraterin von George W. Bush und Barack Obama in den betreffenden Fragen, hält ein Grundsatzreferat. General Vladislav Sherstyuk vom russischen Sicherheitsrat sinniert über das Völkerrecht und seine Möglichkeiten im virtuellen Raum. Österreichs Verteidigungsminister Gerald Klug (SPÖ) erheitert das Publikum mit Cybertauglichkeitschecks bei der Musterung und der Möglichkeit für Rekruten, immerhin den Computerführerschein zu erwerben.

Digitaler Dschungel

Es geht um die üblichen Fragen, ob sich denn im von Völker- und Kriegsrecht unbehelligten digitalen Dschungel so etwas wie ein versteckter kalter Krieg abspielt. Dazu muss ein weites Feld vermessen und mit entsprechenden Begrifflicheiten abgesteckt werden – vom Aktivismus im virtuellen Raum über Spionage bis zu Denial-of-Service-Attacken und allenfalls tatsächlicher Schädigung von kritischer Infrastruktur gegnerischer Staaten.

Hinter dieser quasi gewöhnlichen Agenda allerdings läuft auch die aktuelle Debatte um den Prism-Spionageskandal mit, die sich an diesem Montag unversehens – Alarmstufe Rot! – nach Alpbach verlagert hat. Obwohl es kein Zufall ist, dass der Geheimdienst NSA und das Cyberkommando der US-Streitkräfte von ein und derselben Person (General Keith Alexander) geleitet werden, plädiert Hathaway dafür, dass man die verschiedenen Sphären der Cybersicherheit nicht durcheinanderbringen sollte. Sherstyuk kontert mit mit auffällig offensiven Angeboten an die USA, in der Sache doch zusammenzuarbeiten, obwohl Moskau Edward Snowden zuletzt Asyl gewährt hat. Dass selbst Präsident Obama sich darüber echauffiert hat, quittiert der General im Gespräch mit dem Standard so: Ach, die Amerikaner sind unglücklich? Was können wir da machen? Leider nicht viel."

Und natürlich erlebte der Prism-Skandal in Alpbach auch seine österreichischen Weiterungen. Die US-Botschaft wollte auf einen Bericht des Spiegel, dass auch in 80 US-Missionen (darunter Wien) weltweit für die NSA spioniert werde, diplomatisch reagieren. Klug und Justizministerin Beatrix Karl erklärten sich indes im "Dorf der Denker" für unzuständig und verwiesen auf das Außenamt, wenngleich Karl gleichzeitig laut über einen "No spy"-Vertrag mit den USA nachdachte. Im Außenministerium selbst wollte man nicht einzelne Medienberichte kommentieren, sich aber bei den Amerikanern rasch um Aufklärung bemühen.

Die deutsche Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger verwies indes in einem gemeinsamen Pressegespräch mit Karl in Alpbach darauf, dass die Vereinigten Staaten in Deutschland keine Lauschangriffe betrieben und keine Gesetze brächen. Österreich dagegen, erklärten Militärs in Alpbach, habe keinen Kooperationsvertrag mit der NSA, alle Aktivitäten des US-Geheimdienstes in der Wiener Botschaft wären deswegen in jedem Fall absolut rechtswidrig. (Christoph Prantner aus Alpbach /DER STANDARD, 27.8.2013)