Am ersten Tag der Kinderuni lernen die Kleinen in einem Kurs namens "Zauberkräuter", wie Kamille, Rosmarin und Marihuana wirken. Sie erfahren auch, dass Crack in dem Sinn kein magisches Heilkraut ist, sondern irgendetwas mit Backpulver und wahnsinnig gefährlich. Wir nicken tapfer und verstehen das Bestreben totalitärer Regime, die Menschen nicht zu gescheit werden zu lassen, wieder ein bisschen besser. Wissen ist Macht.

Deshalb ist es für absolutistische Herrscher wie "Mutter" und "Vater" so gefährlich. Vielleicht haben die Kinder die letztgenannte Information aber auch aus einer dieser amerikanischen Krankenhausserien. Die ziehen sie sich derzeit gern am Abend mittels DVD-Ziegeln rein, während die Eltern längst schlafen und von Salbeifeldern träumen, über die Schmetterlinge flattern. Das Zauberkraut Salbei soll im Gegensatz zu Crack doch sehr beruhigen.

Am zweiten Tag erleben die Kinder im Rahmen einer Exkursion ins örtliche Krankenhaus via Videovorführung eine Gelenkoperation sowie eine Darmspiegelung. Letztere wird am Abend während des gemeinsamen Essens zwar detailreich geschildert, ganz allgemein aber als "grindig" verdammt werden. Im Krankenhaus sehen die Kinder, die während der letzten Jahre im Naturhistorischen Museum in Wien immer wieder an tausenden Skeletten zum Lob der Wissenschaft geschlachteter Tiere und diversen Neandertalern vorbeiflanierten, zu ihrem milden Entsetzen das erste Mal bewusst ein echtes menschliches Skelett. Ja, stimmt, das ist "total pervers". Sie kennen meine Kinder jetzt schon sehr gut.

Kermit und Miss Piggy

Am dritten Tag freuen sich die Eltern. Die Kinder bringen entzückende Zeichnungen von Kermit dem Frosch und Miss Piggy mit. Sie sind gefaltet. Wenn man sie aufklappt, springen einem Maul und Rüssel entgegen. Das ist süß, altersgemäß - und so kreativ! Endlich beginnt sich die Universität bezahlt zu machen. Papa, wo hängst du die Bilder von Kermit und Miss Piggy hin? Hm, na vielleicht in euer Zimmer? Ha, ha, sicher nicht, das ist kindisch!

Am vierten Tag gibt es ausgiebig Sport. Mens sana in corpore sano, wie wir Lateiner sagen. Um halb zehn Uhr abends ist es deswegen im Haus totenstill. Das ist in den Ferien mindestens ungewöhnlich. Vielleicht sollte jemand nachschauen, ob die kleinen Lauser noch atmen?

Am fünften Tag kommen die Kinder mit selbstbedruckten T-Shirts, diversen Eigenbau-Metallbuttons, Doktorhüten und Diplomen nach Hause. Das ist schön, wir sind sehr stolz. Endlich haben der Staub, Lurchi und Co wieder schöne neue Plätze zum Schlafen. Wissen ist Macht: Asche zu Asche. Und Staub zu Staub. (Christian Schachinger, Family, DER STANDARD, 27.8.2013)