Die US-Geldpolitik kann man sich wie einen Hochdruckreiniger vorstellen. Nur, dass Ben Bernanke, der als Chef der Notenbank Fed über diese Geldpolitik waltet, nichts putzt und auch kein Wasser verwendet. Vielmehr pumpt er seit Jahren Geld in die Welt.
Das viele Geld soll in den USA über billigere Kredite und stärkere Aktienmärkte die Wirtschaft ankurbeln. Die amerikanische Konjunktur ist mittlerweile wieder die stärkste unter allen reichen Ländern. Zeit also, den Hochdruckreiniger langsam in die Abstellkammer zu stellen. Unter Ökonomen ist klar, dass das bald geschehen wird. Die Frage ist nur mehr, wann und wie.
Geld reist gerne und viel
Wenn die größte Volkswirtschaft der Welt Geld speit, dann ist das natürlich nicht nur Sache der Amerikaner. Einer der Effekte: Gibt es mehr Dollars, sinkt ihr Wert. Man spricht dann von "billigem Geld". Die Besitzer dieses Geldes, Investoren und Händler, suchen nach höheren Zinsen auf dem Rest des Globus.
Man muss wissen: Geld ist gerne teuer, dann spült es nämlich Gewinn in die Taschen seines Besitzers. Das Geld macht sich also auf den Weg in die weite Welt, treibt Aktienmärkte an und den Dollarwert von Währungen in die Höhe. Jetzt kehrt sich diese Entwicklung wieder um. Die Auswirkungen sind ungewiss, Europa könnte zu den Profiteuren zählen, die sogenannten Schwellenländer in eine Krise stürzen.
Eurozone als Profiteur?
"Der Euro wird wahrscheinlich abwerten. Davon könnten einige Länder in Europa profitieren", sagt Joachim Scheide vom Kieler Institut für Weltwirtschaft im Gespräch mit derStandard.at. Für US-Amerikaner würden Produkte aus der Eurozone dann günstiger werden.
Für die Staaten könnte es aber wieder teurer werden, sich zu verschulden. Während die Krisenländer derzeit viel mehr als sonst für ihre Staatsschulden zahlen, zahlen Länder wie Österreich und Deutschland so wenig wie nie zuvor. Damit könnte Schluss sein. An den zehnjährigen Staatsanleihen messen viele Ökonomen die langfristigen Zinsen. Und diese seien derzeit viel zu gering, so Scheide. "Das kann nicht ewig so gehen."
Freilich: In Europa ist keine Abkehr vom billigen Geld absehbar, die Konjunktur ist weiter schwach. Auch war die Geldpolitik der EZB nie so intensiv wie die amerikanische. Der Druck auf europäische Staatsanleihen sollte also nicht gar so groß sein.
US-Wirtschaft stabil
In den USA sind die langfristigen Zinsen mittlerweile deutlich gestiegen. Anfang Mai lag die Rendite bei zehnjährigen US-Anleihen noch bei 1,6 Prozent, jetzt liegt sie schon bei 2,8 Prozent. Teil der Fed-Politik war es bisher, genau diese Anleihen aufzukaufen, um ihre Rendite niedrig zu halten. Was kompliziert klingt, ist eigentlich ganz einfach: Amerikanische Staatsanleihen gelten als Investment der Faulen und Verunsicherten. Wer kein Risiko eingehen will, kauft US-Papiere. Die Notenbanker wollten das unattraktiv machen, was sie auch geschafft haben. Jetzt kehrt sich diese Entwicklung wieder um, die Rendite steigt. Man kann mit US-Anleihen wieder mehr Geld machen.
Genau dasselbe passiert derzeit auch auf den Immobilienmärkten. Die Zinsen für Hyothekarkredite waren in den vergangenen Jahren wegen der Fed-Politik niedrig. Wer ein Haus auf Kredit gebaut hat, konnte sich günstig verschulden. Die Baubranche dankte, stellte wieder mehr Leute ein und leistete einen Beitrag zum Aufschwung. Jetzt werden die Kredite wieder teurer.
Eine Gefahr für die US-Konjunktur sehen Ökonomen aber durch die Umkehr der Geldpolitik nicht. "Die wirtschaftliche Entwicklung in den USA ist stark und stabil", sagt Roland Vaubel von der Universität Mannheim. "Einzig die Börsen könnten überreagieren. Ich bin aber überzeugt, dass die Fed da sehr vorsichtig vorgehen wird."
Schwellenländer bedroht
Anders die Entwicklung aber in vielen Schwellenländern: Ihre Währungen verlieren seit Monaten an Wert. Hat man Anfang Mai für einen Dollar noch 55 indische Rupien bekommen, sind es jetzt schon 63. Die Rupie hat also 15 Prozent an Wert verloren. Ähnlich geht es dem brasilianischen Real (-17,5 Prozent), dem südafrikanischen Rand (-13 Prozent) und der türkischen Lira (-10 Prozent).
Die Notenbanken dieser Länder sind in Alarmbereitschaft. Ökonomen beschwichtigen aber. "Ich glaube nicht, dass ein Land da größere Probleme bekommen wird", sagt Scheide. "Wir müssen da jetzt durch, sonst werden die Inflationsgefahren zu hoch. Die Alternative ist eine noch schlechtere Welt."
Holger Schmieding, Analyst bei der Berenberg-Bank, sieht das ähnlich. "Die Schwellenländer sind stabiler als vor fünf oder zehn Jahren." Eine Kettenreaktion sei aber noch immer im Bereich des Möglichen. "Wahrscheinlich ist sie aber nicht", so Schmieding. Für die Welt sei das Ende des billigen Geldes eine gute Nachricht. "Die Vorteile für die Weltwirtschaft überwiegen." (Andreas Sator, derStandard.at, 26.8.2013)