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Cameron und Obama bei einer Pressekonferenz im Mai dieses Jahres: Auch damals war das US-Eingreifen in Syrien bereits Thema.

Foto: REUTERS/Jonathan Ernst/Files

Damaskus/Moskau/Washington - Experten der Vereinten Nationen sollen ab Montag dem Vorwurf von Chemiewaffenangriffen in der Nähe von Damaskus nachgehen, bei denen nach Oppositionsangaben 1.300 Menschen getötet wurden. Die syrische Regierung beugte sich am Sonntag internationalen Forderungen und erlaubte einer UNO-Mission den Zugang zu den Gebieten. Westliche Regierungen zeigten sich zunehmend überzeugt von einem Chemiewaffeneinsatz des syrischen Militärs. Russland warnte den Westen vor einem militärischen Eingreifen.

Die Vereinbarung zu Untersuchung des mutmaßlichen Giftgasangriffes wurde am Sonntag bei einem Treffen der UNO-Abrüstungsbeauftragten Angela Kane mit dem syrischen Außenminister Walid Muallem in Damaskus getroffen, wie das Außenministerium mitteilte. Demnach darf das von dem Schweden Ake Sellström geleitete UNO-Inspektorenteam, das seit einigen Tagen in Syrien andere Angriffe untersucht, auch in der Provinz Damaskus ermitteln.

"Absolute Priorität"

Die UNO erklärte, Generalsekretär Ban Ki-moon habe die Inspektoren angewiesen, dieser Untersuchung eine "absolute Priorität" einzuräumen. Muallem kündigte die Zusammenarbeit seiner Regierung mit den Experten an, um zu "beweisen", dass die Anschuldigungen der Opposition "Lügen" seien.

Nach Angaben der syrischen Opposition waren am Mittwoch bei Angriffen der Regierungstruppen mit Chemiewaffen in den Orten Muadamijat al-Sham und Ghouta nahe der Hauptstadt mehr als 1.300 Menschen getötet worden. Ärzte ohne Grenzen berichtete von mindestens 355 Patienten mit "neurotoxischen Symptomen", die in Krankenhäusern gestorben seien sowie rund 3.600 Menschen, die mit derlei Anzeichen in Kliniken gebracht wurden.

"Zu spät"

Der französische Präsident Francois Hollande sagte nach einem Telefonat mit US-Präsident Barack Obama am Sonntag, alle Hinweise deuteten darauf hin, dass die syrische Regierung die "Verantwortung" für den Angriff trage. Der französische Außenminister Laurent Fabius sagte in Jerusalem, daran bestehe "kein Zweifel". "Die Hinweise zum Ausmaß des Massakers und zur überwältigenden Verantwortung der Regierung sind absolut übereinstimmend." Wenn die Fakten ermittelt seien, werde es "notwendigerweise eine starke Antwort geben", sagte Fabius. Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanyahu forderte die internationale Gemeinschaft auf, die "Gräueltaten" in Syrien zu beenden.

Ein US-Regierungsvertreter sagte am Sonntag, es bestehe angesichts der Zahl der Opfer und ihrer Symptome sowie aufgrund von US-Geheimdienstinformationen "kaum Zweifel" daran, dass nahe Damaskus Giftgas gegen Zivilisten eingesetzt worden sei. Die Bereitschaft der Regierung in Damaskus zu einer UNO-Untersuchung komme "zu spät, um glaubwürdig zu sein", sagte er.

Merkel: "Wenig Zweifel"

Auch der britische Premier David Cameron und die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) haben nach Angaben der britischen Regierung "wenig Zweifel", dass der mutmaßliche Giftgaseinsatz "vom Regime ausgeführt" wurde. Sie seien sich einig, dass einem solchen Angriff "eine entschlossene Reaktion der internationalen Gemeinschaft" folgen müsse, erklärte Camerons Büro nach einem Telefonat der Regierungschefs.

Der britische Außenminister William Hague äußerte indes die Befürchtung, dass Beweise bereits zerstört worden sein könnten. Nach Artilleriefeuer in der Gegend seien Beweise vermutlich nicht mehr zu finden, sagte er am späten Sonntag in London. "Wir müssen realistisch sein angesichts dessen, was das UNO-Team erreichen kann", fügte Hague hinzu. Für eine Verantwortung der Regierung gebe es aber "schon jetzt viele Beweise".

Warnung vor "ernsten Konsequenzen"

Das Weiße Haus hatte zuvor mitgeteilt, es werde über "mögliche Antworten der internationalen Gemeinschaft" nachgedacht. Obama telefonierte mit dem britischen Premierminister David Cameron und traf sich mit seinen führenden Sicherheitsberatern. US-Verteidigungsminister Chuck Hagel sagte, die US-Streitkräfte seien bereit zum Eingreifen in Syrien. Beweise dürften unter anderem infolge des dauernden Beschusses der Gegend durch syrische Truppen zerstört worden sein, erläuterte er.

Der iranische Vize-Generalstabschef Massoud Jazayeri warnte die USA vor "ernsten Konsequenzen" im Falle einer Militärintervention. Das Außenministerium Russlands, wie der Iran ein Verbündeter des syrischen Regimes, teilte mit, ein militärisches Eingreifen wäre ein "tragischer Fehler". Einige Regierungen versuchten, "den UNO-Experten ihre eigenen Ergebnisse aufzuzwingen" und erhöhten so "die Möglichkeit eines militärischen Einsatzes".

Gouverneur ermordet

Unterdessen fiel der Gouverneur der syrischen Provinz Hama, Anas Naem, am Sonntag einem Attentat zum Opfer. Das berichtete die staatliche Nachrichtenagentur Sana. Ihren Angaben zufolge starb er durch eine Autobombe, die in der Provinzhauptstadt Hama detonierte. Die Gouverneursposten im Land sind allesamt mit regimetreuen Unterstützern von Präsident Bashar al-Assad besetzt. Seit mehr als zwei Jahren herrscht in Syrien Bürgerkrieg. (APA, 25.8.2013)