Ein Kurde, der im Schweizer Exil an seiner Liebe zur Imkerei festhält: Mano Khalils Dokuporträt "Der Imker" ist nur ein Beispiel für den "Neuen Heimatfilm" in einer globalisierten Gegenwart.

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Seit nunmehr 25 Jahren zeigt man dort Filme aus aller Welt, die sich konkret verorten und mit einer Heimat im Wandel auseinandersetzen.

Freistadt - Er ist einer der wenigen, der nicht aus Freistadt wegging - sondern herkam, um ein Kino zu betreiben und ein Festival in die Welt zu setzen: Als Wolfgang Steininger dieses 1988 gründete, geschah das als Weiterentwicklung jenes Gedankens, aus dem heraus Jahrzehnte davor Regisseure wie Volker Schlöndorff oder Werner Herzog den Neuen Deutschen Film begründeten - man wollte den Begriff Heimat nicht den Rechten überlassen. Im Grunde sei das immer noch gültig, auch wenn Heimat und damit der "Neue Heimatfilm" um etliche Facetten und Regionen reicher sind.

Österreichisches Filmschaffen ist heuer u. a. durch Maria Hofstätter (als Jurymitglied und in Ulrich Seidls Paradies: Glaube) vertreten, durch Florian Flickers jüngsten Spielfilm Grenzgänger oder den Dokumentarfilm Schusterhof, in dem Filmemacherin Viktoria Kaser, ein heikles Thema in ihrer eigenen Familie behandelt.

Familie als eine Möglichkeit von Heimat, aber auch als Ort bedrückender Fremdheit ist in etlichen Filmen präsent, auch sind Flucht und Migration Themen. Einen Teil der eigenen Geschichte findet Mano Khalil in seinem Dokumentarfilm Der Imker. Ibrahim Gezer, Kurde aus der Türkei, war ein reicher Mann, Vater von elf Kindern, der fliehen musste, nachdem sein Leben bedroht und seine Existenz zerstört wurde. Geblieben sind ihm sein unerschütterlich positives Wesen und seine Liebe zu Bienen - in der Schweiz aber zählt die Imkerei nur als Hobby, nicht als Arbeit.

Schweiz statt Hollywood

Ein berührender Film, der nie in Beliebigkeit und Klischees abrutscht. Damit kämpfte Regisseur Khalil, 1964 im syrischen Teil Kurdistans geboren, selbst lange genug. Der Absolvent der Prager Film- und Fernsehakademie kam 1996 in die Schweiz. Der Beamte habe ihn ausgelacht, erinnert sich Khalil im Interview, als er sagte, dass er von Beruf Filmregisseur sei. Da müsse er wohl nach Hollywood gehen, hieß es. Dass man ihn schließlich als Putzmann ans Theater vermittelte, wurde als Gefallen dargestellt, erinnert sich Khalil. Auf vergleichbaren Zynismus trifft Ibrahim Gezer, als er in die Fabrik zum Verpacken von Hustenbonbons vermittelt wird - als Imker hätte er doch sicherlich gerne mit Natur zu tun, heißt es.

Migration, Globalisierung - Themen, die auch den Neuen Heimatfilm als Genre in den vergangenen Jahren verändert haben. Nicht verändert hingegen hat sich die gewaltige Erzählkraft, mit der manche Filme schlicht begeistern. Wie Paziraie Sadeh, der aktuelle verstörend schöne, bitterböse Film des iranischen Regisseurs Mani Haghighi. Nicht verändert hat sich auch die Bereitschaft Wolfgang Steiningers und seines Teams - zu einem Gutteil die eigene Familie -, das Festival auch unter fast selbstausbeuterischen Bedingungen weiterzuführen.

Seine persönliche Heimat beschreibt der Festivalmacher und Kinobetreiber schließlich als jenen Ort, an dem er sich wohlfühle, und als einen Sehnsuchtsraum. Und wo wäre der besser zu suchen als in einem Kino.    (Wiltrud Hackl, DER STANDARD, 24./25.8.2013)