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Niki fliegt bis zu zweimal täglich nach Paris-Charles-de-Gaulle (Retourflug von Wien ab 88 Euro - www.flyniki.com). Einen Return-Flug von Wien nach Paris gibt es ab 88 Euro. Ins Loiretal geht es am schnellsten mit dem Hochgeschwindigkeitszug TGV direkt vom Flughafen. Die TGV-Tickets können in Österreich bei Ruefa gebucht werden (bahnkarten.at; E-Mail: bahn@ruefa.at; per Telefon unter +43/1/503 00 20 10).

Informationen über Loiretal, Radtouren, Nantes: loire-radweg.org; visaloire.com (Schlösser) enpaysdelaloire.com (Loiretal, Atlantik); nantes.fr; touraineloirevalley.com

Wer auf einer Reise nach Nantes und ins Loire-Tal auch sein Quartier nach ökologischen Kriterien auswählen will, findet eine Reihe adäquater Adressen. Im Zentrum von Nantes etwa das Dreisternehotel La Perouse im Avantgarde-Stil mit regional beliefertem Bio-Frühstücksbuffe.In Azay-le-Rideau liegt, wenige Schritte vom Schloss entfernt, das mehrfach ausgezeichnete Hôtel Biencourt mit idyllischem Innenhof. Gästezimmer in einem Herrenhaus aus dem frühen 19. Jahrhundert mit schönem Park: La Maison d'Alexandre in Saint-Mars-la-Jaille .

Foto: Josef Kirchengast

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In der Industriestadt Nantes schaffen eine mechanische Fauna und wieder mehr Flora zum Relaxen ein spannendes Nebeneinander von simulierter Natur und echter Renaturierung.

Foto: Corbis / Alian Le Bot

Schlanke zwanzig waren wir und frankophil bis in die Knochen. Im 2CV durchpflügten wir in den Ferien das Land unserer Träume. Das billigste Menu touristique, wiewohl von bescheidener Qualität und noch immer teuer genug fürs Studentenbudget, mundete wie Nektar und Ambrosia. Die durchgelegene Matratze in der Auberge de Campagne war ein Himmelbett.

Frankreich! Land der Genüsse, des Geistes, der Kunst. Und einer vom Menschen gezähmten, verfeinerten und damit überhöhten Natur. Nirgendwo sonst verdichtete sich dieser französische Mythos für uns so sehr wie in der Schlösserkette entlang der Loire: Blois, Chambord, Chaumont, Chenonceaux, Amboise, Tours, Chinon, Saumur, um nur die bekanntesten zu nennen. Zwischendrin das bezaubernde Azay-le-Rideau, das es uns besonders angetan hatte: in einem stillen Park, von Wasser umgeben, ein profanes und zugleich fast sakrales Kunstwerk.

Frankreich! Mythen sind realitätsresistent. Aber hält unser Frankreich-Mythos der heutigen Wirklichkeit stand, wo längst auch Selbstzweifel an der krisengebeutelten Grande Nation nagt? "Wo aber Gefahr ist, wächst das Rettende auch." Der Satz stammt von Friedrich Hölderlin (1770-1843), in seiner Jugendzeit ein Bewunderer der Französischen Revolution von 1789.

Und das Rettende, wenn man beim romantischen Pathos bleiben will, es wächst. Das lässt sich wiederum beispielhaft an den Ufern der Loire erkunden, an die uns diese Reise Jahrzehnte nach der ersten Begegnung zurückführt. Drei Stunden braucht der Hochgeschwindigkeitszug TGV vom Flughafen Paris Charles de Gaulle nach Nantes. Sechzig Kilometer vor der Mündung in den Atlantik teilt sich die Loire in Frankreichs sechsgrößter Stadt und bildet eine Insel.

Auf dem einstigen Industriegelände, wo auch Hochseeschiffe gebaut wurden, ist ein neues Viertel entstanden, gewidmet der Kreativität und der Erholung. Hochschulen für Architektur, Grafik und Design, von Kunstwerken gesäumte Promenaden, familienfreundliche Restaurants - und, als größte Attraktion, die Machines de l'Île, die Inselmaschinen.

Es begann 2007 mit dem Grand Eléphant. Das 50-Tonnen-Monster simuliert maschinenbetrieben die Bewegungen seines natürlichen Vorbildes bis ins kleinste Detail und transportiert auf dem Rücken bis zu 45 Personen beim Spaziergang durch das Inselgelände. Inzwischen ist ein 25 Meter hohes Karussell dazugekommen: ein fantastisch gestaltetes Meeresgetier, das sich auf drei Ebenen im Kreis dreht und von seinen Fahrgästen individuell mit Hebeln und Schaltern bewegt werden kann. Erwachsene scheinen noch größeren Spaß daran zu haben als die Kleinen.

Das künftige Glanzstück ist derzeit noch als Modell in der Galérie des Machines zu bestaunen: der Baum der Reiher. 2016 soll er zur "natürlichen" Größe von 25 Metern erwachsen sein, mit 4000 Blumentöpfen in den Ästen und zwei mechanischen Reihern, die jeweils 35 Passagiere ins Café ganz oben in der Krone bringen.

Wer bei all dem an Jules Verne denkt, liegt nicht nur assoziativ richtig. Der Autor der Reise zum Mittelpunkt der Erde, der Reise um die Erde in 80 Tagen oder von 20.000 Meilen unter dem Meer wurde 1828 in Nantes geboren - im Reederviertel.

Der Mensch, der die Natur meistert, der die Welt als funktionierende Maschine durchschaut und sich zunutze macht - dieser Haltung liegt das kartesianische Weltbild zugrunde, begründet vom Philosophen René Descartes (1596-1650). Rund hundert Jahre später war es dann Jean-Jacques Rousseau (1712-1778), der mit seinem idealisierten Menschenbild des "guten Wilden" zu einem Wegbereiter der Französische Revolution wurde.

Das heutige Nantes ist auch deshalb so spannend, weil es den Spagat zwischen diesen Polen versucht. Und das gelingt ihm so gut, dass es sich den Titel Grüne Hauptstadt Europas 2013 erwarb, nach Stockholm, Hamburg und Vitoria-Gasteiz (spanisches Baskenland) in den Vorjahren und vor Kopenhagen 2014. Damit würdigt die EU mehr als 20-jährige Anstrengungen, aus der Industriestadt (die Nantes, etwa mit einem Airbus-Werk, noch immer ist) eine umweltfreundliche Metropole zu machen und Wirtschaftswachstum mit hoher Lebensqualität zu verbinden.

Da ist er wieder, der Bogen von Descartes zu Rousseau. Entlang einer zehn Kilometer langen grünen Linie auf dem Boden führt er Einheimische und Besucher kreuz und quer durch die Stadt und verbindet kulturhistorische Bauten, moderne Architektur, Denkmäler und andere Sehenswürdigkeiten mit den grünen Zonen. Viele Abschnitte lassen sich am besten per Fahrrad absolvieren, das in Nantes neben Bus und Tram eine dem Auto zumindest gleichberechtigte Stellung genießt. Auf vielen Straßen im Zentrum werden die Radwege in Fahrbahnmitte geführt. Sie sind gleich breit wie die Pkw-Spuren, was nicht nur das subjektive Sicherheitsgefühl erhöht. Denn die Autofahrer sind automatisch langsamer unterwegs.

Dieser gemächlichere Rhythmus wird auch durch die vielen grünen Inseln gefördert, die im Rahmen des langfristigen Ökoprojekts angelegt wurden. Dort wachsen statt Ziergewächsen Kräuter, Obstbäume, Beerensträucher und Gemüsepflanzen. Die Bürger dürfen ernten und kommen dabei oftmals zu spontanen Picknicks und Gesprächen zusammen.

Grünes Herz von sieben Hektar

"Wir wollen so viel grüne Vielfalt wie möglich, und wir wollen möglichst viele Menschen hier bei uns begrüßen", sagt Jacques Soignon, Direktor der "Grünen Räume" von Nantes, beim Gespräch im Jardin des Plantes. Mit seiner einzigartigen Sammlung von mehr als 600 Baum- und weiteren 500 Pflanzenarten, davon zahlreiche Kamelien und Magnolien, auf sieben Hektar ist der Park das grüne Herzstück der Stadt. Er wurde von König Ludwig XV. angelegt, der eine Schwäche für Magnolien hatte, und 1829 öffentlich zugänglich gemacht. Heute dürfen sich die Besucher an den Kräutertöpfen auf der Terrasse der Cafeteria und auf der Kräuterwiese vor dem Palmenhaus gütlich tun. Zur jährlichen Pflanzentauschbörse am ersten Septemberwochenende kommen an die 50.000 Hobbybotaniker.

Mit seiner radfahrerfreundlichen Öko-Philosophie und seinem TGV-Bahnhof ist Nantes auch ein idealer Ausgangspunkt für Radtouren entlang der Loire. Die gekennzeichneten Routen begleiten den Fluss praktisch auf seiner ganzen Länge - rund 800 Kilometer. Eine unserer Etappen bescherte uns ein Wiedersehen mit Azay-le-Rideau. Wir fanden es unverändert bezaubernd, was die frankophilen Neigungen der Jugendzeit neu belebte. Beim nächsten Mal wird das anders sein - und auch wieder nicht. Denn der heute "englische" Schlosspark soll bald wieder so aussehen wie im 19. Jahrhundert: mit kunstvollen Blumenbeeten und Gartenanlagen. Mehr französisch eben. (Josef Kirchengast, Album, DER STANDARD, 24.8.2013)