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Die Grünen wünschen sich, dass der Gesundheitsminister einen genaueren Blick auf den PAP-Test wirft.

Foto: AP/Pouya Dianat

Gynäkologe Christian Macho hat einige Routine mit der Untersuchung von Gebärmutterzellen. Beinahe täglich streicht er diese in seiner Ordination im 13. Wiener Gemeindebezirk auf ein Glasplättchen und bereitet sie damit für die Laborauswertung vor. Auch seine KollegInnen aus der Gynäkologie tätigen diesen Arbeitsschritt häufig - österreichweit sogar rund zwei Millionen Mal pro Jahr. Das heißt, rund 45 Prozent der Frauen gehen jährlich wegen eines PAP-Tests zu ihrer Ärztin oder ihrem Arzt.

Dort kommt es dann neben anderen Dingen aufs Zielen an: Damit Gynäkologe Macho etwa die spezielle "Transformationsregion" im Unterleib auch erwischt, aus der die Zellen stammen sollen, muss er seine Patientinnen "wirklich sekkieren, um ordentlich abnehmen zu können".

Denn die Qualität eines PAP-Abstrichs steht und fällt mit der Genauigkeit der MedizinerInnen: Die Zellen müssen sowohl von der Oberfläche der Gebärmutter als auch aus dem Gebärmutterhals entnommen werden. Und sie müssen ebenso sorgfältig auf dem Glasplättchen platziert werden. Außerdem wichtig ist das Werkzeug, mit dem gearbeitet wird.

Kein Einblick für Patientinnen

PAP heißt der Test nach seinem Entwickler, dem griechischen Arzt George Papanicolaou, durchgeführt wird er zur Früherkennung eines Gebärmutterhalskrebses. Und so alt der Test ist, so alt sind auch die Einwände hinsichtlich seiner Aussagekraft. Aber nur die ÄrztInnen erhalten regelmäßig Auskunft über die Qualität ihrer PAP-Abnahme: "Einmal im Quartal bekomme ich eine Liste, anhand derer ich meine Arbeit mit dem Gesamtkollektiv der Ärzte vergleichen kann", sagt Macho. Er gibt seinen Patientinnen auch bereitwillig Auskunft über seine Performance, liegt er doch stets im vorderen Feld. Verpflichtet ist er dazu jedoch nicht. Auch eine offen einsehbare Liste mit Informationen darüber, welche ÄrztInnen welche PAP-Abnahmeergebnisse haben, gibt es in Österreich nicht.

Organisiertes Einladungssystem

Sehr zum Missfallen der Grünen, die das Thema PAP-Abstrich jetzt für sich entdeckt und eine entsprechende Anfrage an Gesundheitsminister Alois Stöger (SPÖ) gestellt haben. Darin wollen sie unter anderem wissen, welche Maßnahmen geplant sind, um den PAP-Abstrich treffsicherer zu machen. Sie fordern auch die Einführung eines organisierten Screenings - also eines organisierten Einladungssystems, wie es etwa im Bereich der Brustkrebsvorsorge bei der Mammografie bereits etabliert ist.

Stöger verweist auf freiwillige Qualitätsstandards, die von der Österreichischen Gesellschaft für Pathologie und der Österreichischen Gesellschaft für Zytologie erarbeitet und erst im Vorjahr mit Blick auf Europäische Leitlinien erstellt worden sind. Im Gespräch mit dieStandard.at fügt er aber hinzu: "Die Einführung eines organisierten Screenings steht derzeit nicht ganz oben auf der Agenda." Schließlich erhoffe man sich durch die kostenfreie Impfung gegen Humane Papillomaviren (HVP), die ab Februar 2014 für Kinder ab der vierten Klasse Volksschule angeboten wird, längerfristig positive Auswirkungen auf die Häufigkeit von Gebärmutterhalskrebs. Die ministerielle These: Läuft die HPV-Impfung erst einmal ein paar Jahre, gibt es auch weniger positive PAP-Befunde.

Genau diese Rechnung wird laut KritikerInnen des HPV-Impfungshypes allerdings nicht aufgehen. Zuletzt übte Ingrid Zechmeister-Koss vom Ludwig-Boltzmann-Institut für Health Technology Assessment im STANDARD Kritik an überzogenen Erwartungen an den Impfstoff und reklamierte das Fehlen einer umfassenderen Krebspräventionsstrategie.

380 Neuerkrankungen

Um wie viele Betroffene geht es überhaupt? Im Jahr 2010 hatten laut Statistik Austria 380 Frauen eine bösartige Neuerkrankung des Gebärmutterhalses, 161 Frauen starben daran. Aussagen über die Zuverlässigkeit eines PAP-Tests sind unter Fachleuten ein heikles Thema. Olaf Reich von der Medizinischen Universität Graz wagt sich im Gespräch mit dieStandard.at dennoch an einen Richtwert heran: "Das beste Ergebnis, das man mit dem PAP-Test erreichen kann, ist eine Sensitivität von zirka 80 Prozent." Soll heißen: Bei acht von zehn Frauen werden auffällige Zellen bei einem einmaligen Abstrich erkannt, bei zwei Frauen nicht.

In der Regel werden die auffälligen Zellen dann operativ entfernt. Oft aufgrund einer falschen Befundauswertung, monieren die Grünen, Überdiagnosen und Übertherapien würden in Kauf genommen.

Professor Reich ist aber auch die Idealbesetzung wenn es darum geht, auf die seit längerem bekannten Schwächen des "guten, jedoch nicht hundertprozentig sicheren" PAP-Abstriches einzugehen. Als Gynäkologe und Pathologe kennt er die Fehleranfälligkeit auf beiden Seiten: Bei der Abnahme und bei der Befundung der Zellen.

Viel Raum für Verbesserung

"Die empfohlene jährliche Wiederholung des PAP-Test kann seine Fehleranfälligkeit ein Stück weit ausgleichen", sagt Reich, weil die Entwicklung dieser Krebserkrankung sehr langsam vor sich geht. Gleichzeitig sieht er aber auch Verbesserungsmöglichkeiten durch die Einbeziehung neuer Technologien zur Auswertung der Ergebnisse. Auch die Idee speziell geschulter ScreeningärztInnen gibt es in der Forschung und natürlich die Möglichkeit einer Kombination von HPV- und PAP-Testung. Das Problem am HPV-Test bislang: Nur rund zehn Prozent der Frauen, die einen positiven Befund haben, erkranken im Laufe der Zeit an Krebs. Das heißt, neun von zehn Frauen sind unnötigerweise beunruhigt. Seine Stärke: Es gibt kaum Falschbefunde.

Eine Kombination von HPV- und PAP-Test ist allerdings stark vom Faktor Geld abhängig, so wie auch bei allen anderen Verbesserungsmöglichkeiten unterschiedliche Interessensgruppen unterschiedliche Lösungen präferieren.

Da geht es den Grünen ähnlich wie Mediziner Reich, keiner von ihnen muss die finanzielle Verantwortung für ein Mehr an Patientinnensicherheit tragen. Kleine Schritte gehen aber auch ohne Kosten. Etwa die Forderung von Frauensprecherin Schwentner nach einer Veröffentlichung aller GynäkologInnen, PathologInnen und Spitäler, "die derzeit freiwillig qualitätsgesichert arbeiten", die Aufnahme von "Leitlinien zur Qualitätssicherung" in die Kassenverträge mit den ÄrztInnen und: eine gesetzliche Regelung über die beim PAP geltenden Qualitätsstandards. (riss, dieStandard.at, 26.8.2013)