Washington/London - Das im Spionagefall Snowden in London beschlagnahmte Material eines "Guardian"-Journalisten ist nach Darstellung der Polizei "hochsensibel". Die Veröffentlichung der Unterlagen hätte Menschenleben gefährden können, erklärte die Polizei am Donnerstag, ohne Einzelheiten zu nennen.

Gegen den Brasilianer David Miranda wird nun ermittelt. Er hatte verschlüsselte Dokumente seines Lebenspartners, des Enthüllungsjournalisten Glenn Greenwald, transportiert. Sie wurden von den Terrorermittlern beschlagnahmt. Miranda wurde am Wochenende neun Stunden lang auf dem Londoner Flughafen Heathrow verhört und dann freigelassen. Ein Gericht erlaubte am Donnerstag die Untersuchung der Materialien aus Gründen der nationalen Sicherheit. Allerdings dürfe das beschlagnahmte Material von der Regierung darüber hinaus weder eingesehen noch kopiert oder weitergegeben werden.

Verschlüsselte Daten

Ein Polizeijurist sagte, die Beamten werteten derzeit zehntausende Seiten Material von den Geräten aus und hätten ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Allerdings sind die Daten nach Angaben von Miranda so sicher verschlüsselt, dass die Regierung sie nicht verwenden könne. Mirandas Anwältin hatte eine einstweilige Verfügung beantragt, um der Polizei den Zugriff auf die Daten zu untersagen. Greenwald hatte zuvor im "Guardian" Informationen des Ex-US-Geheimdienstlers Edward Snowden über den Nachrichtendienst NSA veröffentlicht.

Die britischen Sicherheitsbehörden stehen in der Kritik, weil sie den Zugriff mit ihren Befugnissen zur Terrorabwehr begründen. David Anderson, von Regierung und Parlament eingesetzter Revisor für die britische Terrorismusgesetzgebung, kündigte am Donnerstag eine vollständige Untersuchung der Vorgänge an. Er wolle herausfinden, ob die Terrorgesetze im Falle David Mirandas "gesetzestreu, passend und human angewendet wurden", schrieb Anderson in einem Brief an Innenministerin Theresa May.

Zuvor räumte die US-Regierung erstmals die illegale Überwachung der Internetkommunikation von US-Bürgern durch die NSA ein. Zwischen 2008 und 2011 habe die NSA zehntausende E-Mails und andere Kommunikationsdaten von US-Bürgern widerrechtlich gesammelt, sagte ein Regierungsvertreter am Mittwoch. Die Überwachung endete demnach, als ein für die Kontrolle der Geheimdienste zuständiges Spezialgericht einschritt und die Praxis für verfassungswidrig erklärte. (APA, 22.8.2013)