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Wolfgang Schäuble (CDU) kann es ja egal sein. Der deutsche Finanzminister feiert am 18. September seinen 71er. Bundeskanzler oder Bundespräsident kann er nicht mehr werden, also leistet er sich eine gewisse Unabhängigkeit, und dazu zählt auch seine Aussage, wonach Griechenland ein drittes Hilfspaket brauchen werde.

In der eigenen Parteienfamilie hat dieser Satz, gesprochen bei einer Wahlkampfveranstaltung in Schleswig-Holstein, wenig Begeisterung ausgelöst - galt doch bisher der ungeschriebene Grundsatz: Bis zur Wahl am 22. September reden wir nicht über den Euro.

Zwar versucht Kanzlerin Angela Merkel Schäubles Aussagen auf die Ebene "das war doch nichts Neues" herunterzuspielen und erklärt: "Das hat jeder gewusst." Doch recht entspannt wirkt sie dabei nicht. Deutlich unwirscher ist Bayerns Ministerpräsident und CSU-Chef Horst Seehofer, der eine Woche vor der Bundestagswahl auch noch Landtagswahlen zu bestreiten hat. "Das kommt nicht in Frage, das ist nicht gut", sagt er über Schäubles Hilfsangebot für die Griechen.

Äußerst dankbar ist hingegen die Alternative für Deutschland. Als sich diese Euro-kritische Partei im Februar gegründet hat, war das mediale Echo enorm - fühlten sich doch viele Wählerinnen und Wähler aus dem schwarz-gelben Spektrum angesprochen. Die Forderung der AfD läuft der Euro-Politik der etablierten Parteien völlig entgegen: Euro-Währungsraum auflösen, kleinere und stabilere Währungsverbünde (etwa einen Nord- oder Süd-Euro) einführen, im Notfall auch gleich zu den nationalen Währungen zurückkehren. Ansonsten nämlich müssten die deutschen Steuerzahler die Zeche für halb Europa zahlen.

In den vergangenen Monaten hat die AfD nicht mehr so viel Beachtung bekommen, das Euro-Thema stand nicht mehr auf der Tagesordnung. Jetzt jedoch bedankt sie sich bei Schäuble für die Steilvorlage. Die meisten Demoskopen sehen die AfD zwischen zwei und drei Prozent, was nicht für den Einzug in den Bundestag reicht. Forsa-Chef Manfred Güllner ist nun jedoch der Erste, der noch mehr Potenzial vermutet, da viele Menschen bei Umfragen nicht angeben, dass sie die AfD tatsächlich wählen wollen. "Ich habe lange gedacht, dass sie keine Chance haben, aber jetzt bin ich nicht mehr so sicher", sagt Güllner.

Doch selbst wenn sie nicht in den Bundestag kommt, stellt die AfD für Schwarz-Gelb ein großes Risiko dar. Die Zeiten satter Mehrheiten sind vorbei, da können auch zwei, drei fehlende Prozentpunkte über den Wahlausgang entscheiden.

Daran denkt offenbar auch der Vorsitzende der deutschen Bischofskonferenz, der Freiburger Erzbischof Robert Zollitsch. Auf die Frage, ob die AfD denn seinen bischöflichen Segen hat, antwortet er recht deutlich: "Nein, unsere Zukunft liegt in Europa und nicht in der Rückkehr in die Nationalstaaten. Ich hoffe, dass wir diese Frage auf Dauer überwunden haben und dass es nur ein paar Nostalgiker sind, die nicht in den Bundestag einziehen werden."

Das ist äußerst ungewöhnlich, denn eigentlich hält sich die Kirche in Wahlkampfzeiten mit Empfehlungen zurück. Dementsprechend sauer sind die Euro-Skeptiker. Sie drängen jetzt auf ein Gespräch mit Zollitsch. Der aber mag nicht mit ihnen reden. (Birgit Baumann, derStandard.at, 22.8.2013)