Im Wahlkampf geht es vor allem um Mobilisierung. SPÖ und ÖVP müssen es irgendwie schaffen, so wenige Stimmen wie möglich zu verlieren. Von Zugewinnen traut sich beinahe niemand zu sprechen, das zeigen auch die Umfragen. Um die Kernwähler wieder zum Kreuzchen bei Rot beziehungsweise Schwarz zu bringen und nicht etwa bei einer Oppositionspartei, malen die beiden Regierungsparteien beherzt den Teufel an die Wand.

Bei der ÖVP ist das eine rot-grüne, bei der SPÖ eine schwarz-blaue Koalition. Dass beides eigentlich ausgeschlossen ist, da sich diese Allianzen stimmenmäßig nie ausgehen werden, wird da zur Nebensache. Die ÖVP setzt bei ihrer Warnung vor Rot-Grün auf eine Fibel, die sie schon vor einem Jahr herausgegeben hat. Für den Wahlkampf wurde sie im August extra neu aufgelegt. Bei der SPÖ übernimmt es die Junge Generation, den Koalitionspartner in einem "Dossier" anzupatzen.

"Eine Gefahr für Österreich"

In der Fibel "Rot-Grün. Eine Gefahr für Österreich" erklärt ÖVP-Generalsekretär Hannes Rauch im Vorwort, dass diese Koalition eine "ernsthafte Bedrohung" darstelle. Das zeige sich derzeit schon in Wien. "Rot-Grün bedeutet staatliche Bevormundung, Belastung für die Wirtschaft und für die Menschen, mehr Umverteilung und weniger Sicherheit."


In Wien hat sich bereits ein rot-grünes System eingenistet, meint die ÖVP. (Foto: ÖVP/Screenshot)

Die ÖVP nimmt sich in der Fibel kein Blatt vor den Mund. So heißt es etwa, dass sich in Wien ein rot-grünes System "eingenistet" habe. Die "roten Genossen" würden den Menschen mehr und mehr Geld aus der Tasche ziehen wollen und die Grünen für ein "Recht auf Faulheit" kämpfen. Auch Reime finden sich in dem Papier: "Ist der Fuß erst in der Tür, kassiert sich's fortan ungeniert." Für Versmaß und Reim hätte man sich allerdings noch Tipps von der FPÖ holen können.

Kopfschmerzen durch grüne Fahrradstreifen

Auch die Klassiker des Dirty Campaigning der ÖVP dürfen in der Fibel nicht fehlen: Es wird vor der Legalisierung von Rauschgift gewarnt, die Ganztagsschule als "Zwangstagsschule" und die Gesamtschule als "Eintopfschule" bezeichnet. Manche Warnungen muten kurios an: Das Streichen von Fahrradwegen in Grün, wie es in Wien geplant ist, führe zu "Reizüberflutungen und weniger Konzentration, von Kopfweh ganz zu schweigen". Ein Kommentar dazu auf Twitter: "Wenn man drauf zum Sturz kommt und auf den Kopf fällt. Kopfschmerz. Nicht von der Hand zu weisen."

"Katastrophenregierung"

Weniger plastisch und etwas trocken ist im Gegensatz dazu das Dossier zu Schwarz-Blau der Jungen Generation. Mit drei Seiten ist es auch wesentlich kürzer als die Rot-Grün-Fibel (42 Seiten). Derzeit wird noch an der grafischen Aufarbeitung gearbeitet, heißt es aus der Jungen Generation. Die inhaltliche Arbeit ist aber bereits erledigt, derStandard.at hat die Unterlagen zur Einsicht erhalten. Darin heißt es, dass eine Koalition zwischen ÖVP, FPÖ und Team Stronach nicht unrealistisch sei. "Sollte diese Regierungsform Realität werden, droht eine Neuauflage der Katastrophenregierung, die Österreich unter Wolfgang Schüssel erlebt hat."


Die Junge Generation warnt vor der "Katastrophenregierung" von Wolfgang Schüssel. (Foto: APA/Robert Jäger)

"Privatisierungshysterie" und Korruption

Die "Katastrophenbilanz" von Schwarz-Blau seien im Jahr 2006 Rekordarbeitslosigkeit und eine "Privatisierungshysterie" gewesen. Die Junge Generation zählt 58 "massive" Belastungen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Es habe "Steuergeschenke für Konzerne" gegeben, etwa durch die Einführung der Gruppenbesteuerung. Die Privatisierung der Telekom Austria sei zu einem ungünstigen Zeitpunkt erfolgt, bei der Austria Tabak seien dem Staat erhebliche Steuereinnahmen entgangen, und auch die Buwog sei viel zu billig verkauft worden. Zudem gebe es eine Reihe von Korruptionsvorwürfen gegen Karl-Heinz Grasser und "seine Freunde" Walter Meischberger und Peter Hochegger.

Die gegenseitigen Aufrufe zu einem sauberen Wahlkampf von SPÖ und ÖVP können spätestens nach der Lektüre dieser Dokumente nicht mehr ernst genommen werden. (Lisa Aigner, derStandard.at, 23.8.2013)