Gegeizt wird an Informationen, nicht aber, wenn es darum geht, die Hand aufzuhalten. Bis zu 13,75 Prozent verlangen heimische Banken seit Jahren an Überziehungszinsen. Überzieht der Kunde sein Konto, ohne mit seiner Bank einen Überziehungsrahmen ausgehandelt zu haben, fallen zusätzliche Kosten von fünf Prozent an. Der Konsument kommt dann auf stattliche 18,75 Prozent. Und das vor dem Hintergrund, dass der Marktzinssatz im Euroraum derzeit niedrig sei wie nie, sagt Konsumentenschützerin Michaela Kollmann auf derStandard.at-Anfrage.
"Wir kritisieren diesen Umstand seit Jahren, ohne dass sich bislang etwas daran geändert hat", so Kollmann. Im Gegenteil, es gebe sogar schwarze Schafe, die ihren in der Vergangenheit noch niedrigeren Zinssatz nach oben angepasst hätten. Die Bawag und die Bank Austria etwa. Was allen Geldinstituten gemein ist, sind die sehr niedrigen Habenzinsen, die sich zwischen 0,5 und mageren 0,05 Prozent bewegen.
Überziehung versus Kurzkredit
Ein weiterer zu bemängelnder Umstand ist laut Kollmann, dass Banken ihren Kunden, die eigentlich keinen Überziehungsrahmen vereinbart haben, stillschweigend einen solchen gewähren und dann abkassieren. Äußerste Vorsicht sei also geboten. Die Arbeiterkammer Wien empfiehlt darüber hinaus, das Gespräch mit den Banken zu suchen, denn "die Zinsen sind verhandelbar". Auch ein Bankenwechsel würde sich unter Umständen lohnen.
Genau da sieht auch Engelbert Dockner, Finanzprofessor an der Wirtschaftsuniversität Wien, den springenden Punkt. "Die Zinsen sind auch deshalb so hoch, weil die Leute ihr Konto eröffnen und sich später nicht mehr darum kümmern", sagt Dockner zu derStandard.at. Die Kunden könnten durchaus bessere Konditionen ausverhandeln. "Bei den Banken würde dann auch mehr Bewusstsein dafür entstehen, dass man sich mit so hohen Zinsen keine Freunde macht", sagt der Wirtschaftswissenschaftler.
Die Überziehungszinsen findet auch er viel zu hoch. "Die Ausfallsraten bei solchen Überziehungskrediten sind sehr gering", so Dockner. Er kenne zwar nur die aktuellen Zahlen der Stiftung Warentest aus Deutschland, aber die seien "bestimmt auch in Österreich nicht recht viel anders". Für sehr riskante Unternehmensanleihen bekomme man derzeit im Schnitt 4,3 Prozent. Für die viel sichereren Überziehungskredite dagegen zahle man zwei- bis dreimal so viel. "Das passt nicht zusammen."
Konsumentenschützer kritisieren
Harsche Kritik üben die Konsumentenschützer neben dem Wucher auch an der mangelnden Transparenz. Zinskonditionen würden online nicht ausgewiesen und der Kunde dadurch im Unklaren gelassen. Häufig sei es zudem günstiger, anstelle einer Kontoüberziehung einen kurzfristigen Kredit in Kauf zu nehmen. Die Arbeiterkammer fordert in diesem Zusammenhang Zinsanpassungsklauseln, die objektiv regeln, in welchem Ausmaß Zinsen nach oben oder unten angepasst werden dürfen.
Hält man sich vor Augen, dass der 3-Monats-EURIBOR sich derzeit auf dem historischen Tiefststand von 0,224 Prozent befindet, liegen die Überziehungszinsen aktuell oft 60-mal so hoch.
Druck könnte rein theoretisch aus Deutschland kommen. Dort sollten laut einer Ankündigung der Bankenverbände die Kosten für die Überziehung des Girokontos ins Internet gestellt werden. Doch auch die dortigen Banken kommen dem nur sehr schleppend nach: Mit Stichtag 1. Juli haben ein Drittel der Sparkassen und knapp zwei Drittel der Volks- und Raiffeisenbanken nichts dergleichen getan. (Andreas Sator/Sigrid Schamall, derStandard.at, 22.8.2013)