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Optimale Beziehungen, beste Freunde: Italiens Premier Enrico Letta und Bundeskanzler Werner Faymann.

Foto: APA / Roland Schlager

Rom/Wien - Nach der Aufforderung des Staatspräsidenten, seine rechtskräftige Verurteilung zu akzeptieren, hat Silvio Berlusconi zurückgeschlagen. Der Expremier konterte Giorgio Napolitanos Stellungsnahme mit einem Ultimatum: Werde innerhalb einer Woche keine Lösung zur Fortsetzung seiner politischen Laufbahn angeboten, will Berlusconi die erst seit Ende April amtierende Regierung stürzen.

Demnach erhält PdL-Chef Angelino Alfano eine Woche Zeit, um über eine mögliche Lösung zu verhandeln. Bereits am Mittwochnachmittag traf sich der Berlusconi-Vertraute in Begleitung der beiden Fraktionssprecher Renato Brunetta und Renato Schifani mit dem gerade erst aus Wien zurückgekehrten Premier Enrico Letta, der die Koalitionspartner zu "Verantwortung und Weitblick" mahnte. Ein Sturz der Regierung zum gegenwärtigen Zeitpunkt sei "paradox", und der Berlusconi-Block werde dafür die Verantwortung übernehmen müssen. Damit droht eine Regierungskrise bereits vor dem 9. September, an dem der zuständige Senatsausschuss sich mit dem Entzug von Berlusconis Mandat beschäftigen wird.

PDL will Abstimmung vermeiden

Der PDL fordert den Ausschuss auf, eine Abstimmung zu vermeiden und das Antikorruptionsgesetz vor das Verfassungsgericht zu bringen. Dieses im Vorjahr von der Regierung Monti erlassene Gesetz untersagt Berlusconi für sechs Jahre jede Kandidatur - doch seine rückwirkende Anwendung ist unter Juristen umstritten.

Ersucht der Ausschuss das Verfassungsgericht um Klärung, wäre die Entscheidung um mindestens acht Monate aufgeschoben. Andernfalls will Berlusconi einen "regelrechten Medienkrieg" entfachen und sich in einer TV-Ansprache an die Italiener wenden.

Lettas Partito Democratico lehnt einen Kompromiss ab und will dem verurteilten Expremier sein Mandat aberkennen.

Im Senatsausschuss verfügen die Berlusconi-Gegner über eine klare Mehrheit. Die Sozialdemokratin Alessandra Moretti brachte als Alternative eine mögliche Regierung des Partito Democratico mit Beppe Grillos Fünf-Sterne-Bewegung ins Spiel. Im Senat gebe es rund 30 Parlamentarier, die trotz Grillos Widerstand dazu bereit seien.

Letta bei "Freund Werner"

Zurück nach Wien: Dort hat Premier Letta Mittwochvormittag seinen Amts- und Parteikollegen Werner Faymann besucht. Die Qualität der Beziehungen könne nicht besser sein, versicherte Letta, der Faymanns Forderung nach der Einführung einer Finanztransaktionssteuer unterstützte. Überhaupt sei es hoch an der Zeit, in Europa nicht mehr bloß zu sparen, sondern auch mit Investitionsprogrammen die Wirtschaft anzukurbeln und damit unter anderem die Jugendarbeitslosigkeit - in Italien immerhin fast 40 Prozent - zu bekämpfen. "Wir sollten nicht dauernd Mittel zur Rettung von Banken finden, sondern für Investitionen", sekundierte Faymann.

In Bezug auf Südtirol bekannte sich Letta zur Autonomie, an deren "Valorisierung" er massiv interessiert sei. "Ich hoffe, die komplizierte Zeit dieser Beziehung Rom/Bozen ist vorbei", so Letta. (Gerhard Mumelter, DER STANDARD, 22.8.2013)