Links: Wie wärs mit Tomatensalat? Aus Blechtrotteln sollen intelligente Gefährten werden, die den Haushalt schupfen können. Das ist zumindest eines der Ziele der Roboterforschung, wie hier an der TU Wien.

Rechts: Bitte lächeln! Künftige Generationen von Robotern sollen nicht nur gescheit sein, sondern noch dazu freundlich. So könnte sich die Kommunikation zwischen Mensch und Maschine emotionaler gestalten.

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Die Brille hat als Markenzeichen der Uncoolen längst ausgedient. Und wenn sich die Computerbrille "Google Glass", die Informationen ins Blickfeld projiziert, durchgesetzt hat, dann sind es wohl diejenigen ohne Augengläser, die nicht auf der Höhe der Zeit sind.

Unser Umgang mit der Computertechnologie ändert sich derzeit massiv: In Form von Notebook und Smartphone nutzen wir Computer nicht nur am Schreibtisch. Wir geben Befehle über Touchscreen ein oder kommen ganz ohne Berührungen aus - und reden einfach mit Apples Spracherkennungssoftware Siri oder gestikulieren vor der Spielekonsole Kinect. Der Weg dorthin begann im kalifornischen Palo Alto: Hier entwickelte das Technologieunternehmen Xerox die erste grafische Benutzeroberfläche. Anstatt Befehlszeilen einzugeben, konnte man nun den Rechner mittels grafischer Symbole nutzen: Der "Desktop" war geboren. Die Bedienung blieb damit nicht mehr nur Experten vorbehalten - und das wesentliche Prinzip, wie wir bis heute Computer bedienen, war eingeführt.

Wie wir in Zukunft optimal mit der Technik verschmelzen können, erforschen Experten für Mensch-Computer-Interaktion kurz: HCI (Human-Computer-Interaction). Einer davon ist Manfred Tscheligi, Leiter des Information and Communication Technologies & Society Center an der Universität Salzburg. Er ist überzeugt: "Ein neues Interaktionsparadigma wird sich durchsetzen. Dabei werden wir immer öfter unsere Umgebung nutzen, um mit Technologie zu interagieren. Das heißt, dass Gegenstände wie Tischplatten oder Kaffeeschalen zu Interfaces umfunktioniert werden. Auch der eigene Körper wird eine immer größere Rolle spielen."

Schon jetzt ist es möglich, sich mit "Wearables", also tragbaren Minicomputern, die in Kleidung, Armbändern und Schuhen integriert sind, hautnah mit dem Internet zu verbinden. Jedoch wird der Organismus in Zukunft wohl noch mehr mit der Technologie kommunizieren: Mobile Geräte zur Datenerfassung beim Sport, Apps zur Analyse des Schlafverhaltens oder eben Google Glass sind die Vorboten einer neuen Mensch-Computer-Interaktion, die noch physischer werden wird. Das könnte auch bionischen Körperimplantaten den Weg bereiten - was in ausgereifter Form derzeit noch in das Reich der Science-Fiction gehört.

Fest steht: Die Zahl der Geräte, die uns in unserem Alltag begleiten, wird sich weiter reduzieren, ebenso ihre Größe. Keith Andrews, Wissenschafter am Institut für Informationssysteme und Computermedien der TU Graz, stellt sich vor, dass man in der Zukunft nur einen zuckerwürfelgroßen Projektor mitführt, der jegliche Inhalte auf die nächstbeste Unterlage projiziert. Noch stehen die Forscher vor der Herausforderung, die Interaktion von Mensch und Maschine sowie die Vernetzung von Körper und Computer so zu gestalten, dass sie als möglichst natürlich empfunden wird. "Die beste Benutzeroberfläche ist die, die man nicht als solche wahrnimmt", sagt Keith Andrews.

Primär gilt: Die Maschinen sollen sich an unser Verhalten anpassen, anstatt dass wir uns den Bedingungen, die die Technologie vorgibt, fügen. Das ist auch ein zentrales Anliegen von Cynthia Breazeal vom Massachusetts Institute of Technology (MIT). Ihr Ziel ist es, sozial interagierende Roboter zu entwickeln - wobei nicht nur die Kommunikationsfähigkeit, sondern auch die Erscheinung eine wichtige Rolle spielt. Breazeals Schöpfung Leonardo ist das Gegenteil eines metallenen Ungetüms: Das niedliche Geschöpf mit Fell und Kulleraugen gleicht einer Mischung aus Hund und Hase und ist in der Lage, mit Menschen emotional zu kommunizieren.

Lebensechte Roboter mit Grips

Was wie der Spielzeughit des nächsten Weihnachtsgeschäfts wirkt, soll Vorbild für die nächste Generation von Robotern sein. Die Forscherin erhofft sich durch den Rückgriff auf Elemente aus der Natur, dass die Roboter möglichst wenig als Maschinen wahrgenommen werden, um die Unsicherheit gegenüber den künstlichen Wesen zu verringern. "Menschen werden versuchen, diese Roboter nicht als Werkzeuge, sondern als lebendige lebensähnliche Dinge zu behandeln. Die Idee war daher, Roboter zu konstruieren, die kompatibel sind mit dem, was wir Menschen wirklich gut können, anstatt die Leute zu zwingen, auf eine für sie absonderliche Art mit den Robotern zu kommunizieren", sagt Breazeal.

Auch Markus Vincze vom Institut für Automatisierungs- und Regelungstechnik an der TU Wien versucht, aus Blechtrotteln intelligente Maschinen zu machen. Dazu müssen sie erst einmal sehen lernen - um sich eigenständig in einer Umgebung zurechtzufinden. Dazu will Vincze Roboter in Wiener Kindergärten schicken - wo sie gemeinsam mit den Kleinen aufräumen sollen. Derzeit können Roboter nicht mit Unordnung umgehen - ähnlich wie Kinder, die, vom Chaos überwältigt, Schwierigkeiten haben, ihr Zimmer in Ordnung zu halten. Nun sollen beide Seiten lernen, mit Durcheinander umzugehen. Vincze betont, dass es bei dieser Forschung nicht darum geht, Menschen zu ersetzen oder den Kindern pädagogisch wichtige Aufgaben abzunehmen. "Roboter können zwar helfen, aber nicht den persönlichen Kontakt ersetzen."

Doch auch abgesehen von Robotern sind sich Experten einig, dass es weniger darum geht, den technologischen Helferlein alle Aufgaben zu übertragen, sondern die Kommunikation von Mensch und Maschine zu verbessern. In Salzburg arbeiten die Forscher rund um Manfred Tscheligi an einem System, das Auto- und Beifahrern die gemeinsame Navigation erleichtert: Der Beifahrer sieht auf dem Tablet, welche unmittelbaren Herausforderungen für den Fahrer bevorstehen. Statt als Obergescheiter bei der Fahrt zu irritieren, wird der Beifahrer zum Kopiloten. Das Verfahren muss aber wie Konzepte, bei denen man das Auto gestisch durch Zeigen und Schnippen bedient, noch eingehend auf der Straße getestet werden. Ungefährlicher ist eine Brille für Dozenten, die an der Universität von Madrid entwickelt wurde. Die Studenten können Fragen zum Vortrag direkt auf das Sichtfeld der Brille übermitteln. So kann der Professor auf Unverständnis reagieren, ohne den Vortrag zu unterbrechen. Bleibt laut Manfred Tscheligi nur die Frage, die für die Durchsetzung aller Technologien entscheidend ist: "Wollen wir das überhaupt?" (Johannes Lau, DER STANDARD, INNO, 22.8.2013)