"Jetzt tschepperts gleich." - "Nein!" - "Dann hör einmal hin." Das Grölen aus dem Auspuff wird leiser und geht in ein Kratzen über. Es ist ein wenig metallisch, klingt aber auch ordentlich nach Plastik-Beimischung. Und dann biegt er ums Eck, der BMW-Roller, schräg, sehr schräg. Schräger geht nicht, denn er sitzt mit der Verkleidung auf. Vor uns schleift er sich ein. Ein gstandenes Mannsbild steigt ab, einen Grinser im Gesicht wie ein Kind zu Weihnachten, wenn die Singerei in ein Papierrascheln übergegangen ist.

Foto: derstandard.at/gluschitsch

Vor uns steht das lebendig gewordene Langweiler-Konzept. Ein Roller, dazu ein Helm mit Bluetooth-Funktion, das Mobiltelefon mitten auf der Gabel. Davor ein Typ, keine 20 mehr und sicher kein Schmalpickter. Aber dieser Eindruck täuscht am Stand eben gewaltig.

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Es ist nämlich Folgendes: Der erbarmungsloseste Zweiradpilot zwischen Wien und Wechsel hat aufgerüstet. Sie erinnern sich an die wheelende Vespa? Die musste einem BMW C 650 GT weichen. Nicht weil der so gut wheelt, sondern weil er so gut geht, wie der Alex sagt. Der GT ist nämlich nicht gewillt zu wheelen. Was BMW nicht an die große Glocke hängt, Alex aber nach den ersten Metern herausfand: Der BMW-Roller hat eine Traktionskontrolle. Und damit bleibt das Vorderrad am Boden.

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Jetzt hat der Alex das Wheelen mit dem Roller - zumindest meistens - an den Nagel gehängt und sich ein anderes Spiel gesucht. Er richtet außen und innen. Hat keinen Respekt vor Big Enduros oder Supersportlern. "Die können mich dann eh auf der Geraden wieder überholen", sagt er. Und so fuhr er in wenigen Wochen über 15.000 Kilometer auf seinem Roller. Dabei stand der BMW C 650 GT noch eine Zeit beim Bekleber und in der Werkstatt.

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Jetzt ziert ihn eine weiße Carbon-Folie. Die Spiegel mussten welchen weichen, die am Lenkerende montiert sind. Die Blinker wanderten in die Verkleidung.

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Der Auspuff ist jetzt ein dezentes GP-Rohr. Die Seitenverkleidung ist angeschliffen – nicht in der Werkstatt, das hat Alex auf der Straße erledigt. Er fährt sich halt gut, wie er meint. "Da bremst mit dem regelnden ABS bis in den Kurvenscheitel, und dort reißt dann das Gas wieder voll auf, merkst, wie er regelt, und bist schon vorne

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Das Ganze macht Alex nicht im Leder, sondern in der Kurzen und mit Flipflops. Dass er die öfter trägt, erkennt man daran, dass auch sie angeschliffen sind. Und wenn er kurz rausschlüpft, weil sich die Bänder als weiße Streifen am Fuß abzeichnen. Den offenen Bluetooth-Helm braucht er, um unterwegs telefonieren zu können. Das tut er nicht selten. Sein Mobiltelefon pickt folglich immer am Lenker, wenn der Alex am Roller sitzt.

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"Ich hab mir jetzt das Samsung Galaxy Xcover 2 zugelegt, weil es wasserdicht ist", sagt er. Er nutzt es gleichzeitig als Navi und mobiles Büro. Nur die Windgeräusche bei über 100 km/h, die mag das Mikrofon in seinem Helm nicht bändigen. "Du kannst bei der Hitz eh im Anzug am Schreibtisch sitzen und warten, bis wer anruft. Ich fahr lieber entspannt eine Runde mit dem Roller." Entspannt. Genau.

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Ob er sich wieder einmal ein Motorrad zulegt? "Wozu? Ich hab hier alles, was ich brauch, sitz gemütlich, und 180 rennt der GT auch." Wieso er, wenn er eh wie ein Henker fährt, nicht zum fast baugleichen Roller 600 Sport gegriffen hat, erklärt er auch schnell. "Der GT fährt besser, ist ausgewogener."

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Jetzt ist wenigstens ein paar Tage mit dem Driften Schluss. Kurz vor dem Treffen für ein paar Fotos zog er einen neuen Bridgestone auf, der nun den Grip hat, den er sich wünscht. Mit den Reifen, die ab Werk montiert sind, fuhr er in den Kurven öfter quer. Aber als Drifter hat Alex sich ja schon in der Autoszene einen Namen gemacht.

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Und dann finde ich einen grünen Strich auf dem linken hinteren Seitendeckel. Hat er die erste Brezen also doch schon hinter sich? Er, der nie stürzte, unbesiegbar war, hatte letztes Jahr ein mittleres Trauma, als es ihn dann doch einmal von der damaligen 300er Vespa brockte. "Ach so, na, das ist nur vom Gartenzaun."

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Angelehnt allein kann er die BMW dort nicht haben, aber ein neues Design hat Alex eh schon wieder im Kopf, falls die BMW mehr Kratzer abkriegt. (Guido Gluschitsch, derStandard.at, 19.8.2013)

BMW C 650 GT

Motor: 2 Zylinder-4-Takt-Motor, 4 Ventile/Zylinder
Hubraum: 647 ccm
Leistung: 44 kW (60 PS) bei 7.500 U/min
Drehmoment: 66 Nm bei 6.000 U/min
Kraftübertragung: Stufenloses CVT-Getriebe
Radaufhängung vorne: Upside-Down Gabel
Radaufhängung hi.: Einarmschwinge
Bremse vo.: Doppelscheiben, Ø 270 mm
Bremse hi.: Scheibenbremse, Ø 270 mm
Reifen vorne: 120/70 ZR15
Reifen hinten: 160/60 ZR15
Gewicht fahrfertig: 261 kg
Gewicht trocken: 249 kg
Sitzhöhe: 805 mm
Preis: ab 11.950,01 Euro

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