Dass Michael Spindelegger auf den Wahlplakaten der ÖVP nicht auftaucht, ist wahrscheinlich kein Zufall. Auch inhaltlich bleibt der Parteichef völlig ohne Profil. Selbst bei von ihm selbst losgetretenen Diskussionen wie jener über eine frühere Anhebung des Pensionsantrittsalters für Frauen duckt sich Spindelegger wie ein Schüler in der Klasse, der seine Hausaufgabe nicht gemacht hat.

Dabei ist das Dilemma des Vizekanzlers gut zu verstehen. Wer eine Reformregierung verspricht, der muss die Entscheidung, das vorzeitige Frauenpensionsalter bis zum Jahr 2024 nicht anzurühren, infrage stellen. Praktisch alle unabhängigen Pensionsexperten empfehlen dringend eine raschere Angleichung - im Interesse des Budgets, des Arbeitsmarktes und letztlich auch der Frauen selbst.

Aber Spindelegger weiß, dass mit Ankündigungen von Pensionsreformen keine Wahl zu gewinnen ist - und diese daher Gift für jeden Wahlkampf sind. Er will das Thema vom Tisch kriegen, aber sich gleichzeitig sinnvolle Optionen für die nächste Legislaturperiode offenhalten.

Einem besseren Rhetoriker würde das vielleicht gelingen. Aber bei Spindelegger wirkt es nur schwach. Und da sich die SPÖ beim Thema nun erst recht einzementiert, wird es lange Zeit zu keiner Reparatur des letzten großen Schwachpunktes im Pensionswesen kommen. So werden in einem Wahlkampf wieder einmal die Weichen für eine Politik gestellt, die wesentliche Reformen auslässt.  (Eric Frey, DER STANDARD, 14.8.2013)