Die meisten gesunden Menschen sprechen auf Impfungen gut an, indem sie eine ausreichende Immunantwort gegen jene Krankheitserreger ausbilden, gegen welche die Vakzine schützen soll - manche allerdings auch nicht. Wissenschafter der MedUni Wien haben jetzt durch Untersuchungen bei Impfversagern gegen FSME und Hepatitis B unterschiedliche Muster der Immunantwort nach "Zecken"- und Influenzaimpfung identifiziert. Die Studie ist vor kurzem im "Journal of Immunology" erschienen.

Kein ausreichender Schutz

"Das Nicht-Ansprechen auf Impfungen wird derzeit definiert als die Unfähigkeit eines Geimpften, nach einer kompletten Immunisierung plus Auffrischung eine ausreichende schützende Antikörper-Antwort zu entwickeln. Dieses Phänomen betrifft zwischen ein und zehn Prozent der Menschen - abhängig von der jeweiligen Impfung", sagt Studienautorin Erika Garner-Spitzer von der MedUniWien.

Ihre Kollegen und sie versuchten, die Ursachen für das extrem seltene Nichtansprechen auf die FSME-Impfung und auf die Influenza-Impfung genauer zu charakterisieren. Die Wirkung von Impfungen hängt je nach Krankheitserreger und Krankheit einerseits von der Produktion ausreichender Antikörpermengen, andererseits von der Aktivierung von körpereigenen Abwehrzellen (T-Zellen und B-Zellen) ab. "Eine Kernfrage war, ob das Nicht-Ansprechen auf eine Impfung ein 'Impfstoff-spezifisches' oder ein generelles Problem bei der betroffenen Person ist", sagt Forscherin Wiedermann-Schmidt.

Neuerliche Impfung

Die Wissenschafter wandten sich zunächst an Non-Responder auf FSME-Impfungen oder auf die Immunisierung gegen Hepatitis B, versuchten durch eine neuerliche Impfung die körpereigene Abwehr gegen die Viren doch noch zu aktivieren (Booster) und impften die Probanden auch gegen die saisonale Influenza. Dann wurden die Immunparameter untersucht und mit den Werten von Personen verglichen, die eine hohe Immunantwort auf die Impfungen hatten.

Die Hauptergebnisse: Bei FSME-Impfversagern blieben auch nach der neuerlichen Impfung die kaum vorhandenen Antikörper-Konzentrationen sowie zelluläre Botenstoffe (Zytokine) gegen die Erreger der Frühsommer-Meningo-Enzephalitis ("Zeckenkrankheit") niedrig, aber es wurden genügend Antikörper gegen die Influenza-Viren gebildet. Die Probanden, die auf die FSME-Impfung gut reagiert hatten, zeigten nach dem "Boostern" eine neuerliche Erhöhung der Antikörperantwort gegen die FSME und eine gute Antikörper-Reaktion auf die Influenza.

Vor allem Ältere

"Bei den Personen, die bei der FSME-Impfung als Non-Responder bezeichnet werden müssen, handelt es sich vorwiegend um ältere Menschen. Sie bilden auf das injizierte Antigen keine Antikörper und keine zelluläre Immunität, was dafür spricht, dass generelle Alterungsprozesses des Immunsystems involviert sind", so Wiedermann-Schmidt.

Anders sei das bei der Influenza. Das bessere Ansprechen dieser Personen auf die Influenza-Impfung könnte man damit erklären, dass die Menschen im Laufe ihres Lebens immer wieder mit Influenzaviren in Kontakt kommen und es deshalb zu einer Art Gedächtnisbildung des Immunsystems kommt, so die Wissenschafterin. An sich hat die FSME-Impfung eine deutliche höhere Schutzrate als jede saisonale Immunisierung gegen die Virusgrippe.

Bei den Hepatitis B-Non-respondern, die auch gegen FSME und Influenza geimpft wurden, war ein anderes Muster zu erkennen: Impf-Versager zeigten schon vor der Immunisierung hohe Werte an dem Immunbotenstoff Interleukin-10 im Blut. IL-10 ist ein Botenstoff, der zur Bildung von regulatorischen T- und B-Zellen führt. Solche Zellen dämpfen die Immunantwort.

Genetischer Defekt

"Der 'Defekt', der bei den Hepatitis B-Non-Respondern vorliegt, ist offenbar ein anderer. Er dürfte auf einer genetischen Veranlagung in den HLA-Genen basieren", so Wiedermann-Schmidt. Diese Personen zeigten ihr zufolge aber trotz fehlender zellulärer Impfantwort ausreichende FSME- und Influenza-Antikörper. Dies könnte durch vorhandene Gedächtniszellen, die bei früheren FSME- und Influenzaimpfungen entstanden sind, erklärt werden. Die Frage ist allerdings, wie die Immunantwort bei diesen Personen aussieht, wenn sie mit einem Impfstoff erstmals geimpft werden.

"Wir können daraus schließen, dass das Nichtansprechen auf Impfungen je nach Person und Impfung verschiedene Ursachen haben kann", so die Forscherin. Vielleicht müsste man manche Personen öfter immunisieren, andere Impfdosen und Impfrouten wählen; auch Anpassungen der Vakzine (andere Adjuvantien) wären eventuell möglich, um die Erfolgsraten bei diesen Menschen gegebenenfalls zu erhöhen. Auf diese Aspekte werden sich die Wiener Forscher in ihrer weiteren Arbeit konzentrieren. (APA/red, derStandard.at, 13.8.2013)