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Große Energie bei Gustav Mahler: Mariss Jansons.

Foto: apa / HEINZ-PETER BADER

Salzburg - Alle Symphonien von Gustav Mahler kommen in diesem Sommer bei den Salzburger Festspielen zum Einsatz. Und, wie kaum anders zu erwarten, gab es bei der Zweiten Mahler ein hohes Maß an Begeisterung: Es überzeugte die Version von Dirigent Mariss Jansons wie auch der Zugang des Symphonieorchesters und des Chors des Bayerischen Rundfunks. Applaus auch für die Solistinnen Genia Kühmeier und Gerhild Romberger.

Verstört und verstörend begann zwar diese "Auferstehungs"-Symphonie. Doch schon in den verhaltenen Passagen von Angst und Verzweiflung war starke "unterirdisch" brodelnde Energie spürbar - hier wirkte quasi ein Vulkan, dessen Ausbruch sich abzeichnete. Und: Atemberaubend, wie kontrolliert und präzise Mariss Jansons Spannung aufbaute, wie er immer heftiger geratende Wellen an Intensität - und zu guter Letzt auch an Lautstärke - möglich machte.

Im vierten Satz überwältigte die Altsolistin Gerhild Romberger mit dem verheißungsvoll aufstrahlenden Urlicht. Im fünften Satz flackerten schließlich immer wieder jene Energien auf, die sich den ganzen Abend hinweg zusammengeballt hatten, um mit dem Einsatz des Chores im Pianissimo in Diskretion zu münden. Dabei: Wie ein Sonnenstrahl löste sich der Solosopran Genia Kühmeiers aus dem Part des Chorsoprans, quasi als Führer in himmlische Sphären. In Summe natürlich auch bemerkenswert, wie Chor und Orchester des Bayerischen Rundfunks Jansons mit größter Intensität bei größter Transparenz folgten.

Kurzfristig eingesprungen

Nicht weniger intensiv das Konzerterlebnis tags darauf am selben Ort, also im Großen Festspielhaus: Pianist Till Fellner, kurzfristig für den an der Hand verletzten Evgeny Kissin eingesprungen, spannte einen dramaturgisch raffinierten Programmbogen von der kontrapunktischen Strenge Johann Sebastian Bachs zum romantischen Überschwang Robert Schumanns. Till Fellner begann mit den Präludien und Fugen (1-4) aus dem zweiten Band des Wohltemperierten Klaviers. Und auch in diesem strengen Rahmen der kontrapunktischen Form schritt Fellner den Horizont pianistischer Klangmöglichkeiten delikat ab.

Alles ein Erlebnis: Die samtpfötig daherkommenden Bassfiguren im C-Dur-Präludium; die markige Exposition der C-Dur-Fuge samt geschmeidiger Durchführung, wie auch das introvertierte cis-Moll-Präludium und die virtuose cis-Moll-Fuge. Dazwischen verzauberte das überirdisch schwebende Cis-Dur-Präludium mit seiner bockigen und zugleich federleichten Fuge.

Gerne hätte man eigentlich noch mehr Bach gehört. Aber Till Fellner blieb ohnehin beim Thema. Er ließ in Mozarts Sonate F-Dur KV 533 das Allegro klassisch, das Andante geradezu rezitativisch und romantisch erklingen und spürte im Rondo Allegretto den Spuren Bachs nach.

Der Kreis schloss sich weiter mit der Klaviersonate h-Moll Hob. XVI:32 von Joseph Haydn, die mit markanten schreitenden Bassfiguren und markanten Trillern ganz "bachisch" beginnt. Stilistisch, musikalisch und technisch war dieser Konzertblock aus einem Guss - genauso wie der zweite Teil des Abends, der mit den virtuosen Symphonischen Etüden op. 13 von Robert Schumann bestritten wurde.

Auch hier verzichtete Till Fellner auf jegliches vordergründige Virtuosentum. Er offenbarte mit dem Einsatz schier unendlich vielfältiger Klangfarben die Struktur und den Charakter jeder einzelnen Miniatur. Erhellend und unterhaltend. Applaus.  (Heidemarie Klabacher, DER STANDARD, 9.8.2013)