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US-Präsident Barack Obama will die Immobilienriesen Fannie Mae und Freddie Mac abwickeln.

Foto: ap/Carolyn Kaster

Washington/Wien - Sechs Jahre nach Ausbruch der Finanzkrise liegt der US-Immobilienmarkt der Regierung so sehr auf der Tasche wie nie zuvor. Neun von zehn neuen Hypotheken werden aktuell von den verstaatlichten Immobilienfinanzierern Fannie Mae und Freddie Mac besichert oder von der Behörde Federal Housing Administration (FHA). Ohne Geld aus Washington geht am US-Häusermarkt derzeit nichts. "Fannie und Freddie sind die treibenden Kräfte hinter der Erholung am Immobilienmarkt", so der Ökonom Paul Diggle, der bei CE die US-Immobilienmärkte analysiert.

Präsident Barack Obama kündigte nun in einer Rede am Dienstag an, dass Fannie und Freddie abgewickelt werden sollen. Stattdessen sollen private Investoren in den Markt gelockt werden. Künftig will die Regierung nicht mehr für Risiken am Häusermarkt geradestehen, verspricht der Präsident. Doch damit müsste der Immobilienmarkt völlig neu vermessen werden: Fannie und Freddie haben aktuell 5118,9 Milliarden Dollar an Immobilienkrediten und -garantien in ihren Bilanzen, für die die Steuerzahler in den USA geradestehen.

So harmlos ihre Namen auch klingen: Ökonomen geben den beiden Immobilienfinanzierern kräftige Mitschuld am Ausmaß der US-Immobilienkrise. Um rund 188 Milliarden Dollar hat der Staat sie im September 2008, wenige Tage vor der Pleite der US-Investmentbank Lehman, verstaatlicht.

Die Federal Home Loan Mortgage Corporation (Freddie Mac) und die Federal National Mortgage Association (Fannie Mae) haben zusammen mit der FHA mehr als die Hälfte der amerikanischen Hypotheken von privaten Kreditgebern gekauft oder versichert.

Geschäft für Banken

"Es ist ein tolles Geschäft für die Banken, sie vergeben die Kredite, der Staat kauft sie oder versichert sie und trägt damit das Risiko", kritisiert Robert Pozen im Gespräch mit dem Standard. Der ehemalige Banker ist Lektor an der Harvard Business School und Autor des Buchs "Too Big to Save".

Nach wie vor hätten die Geldinstitute zu wenig "skin in the game", warnt Pozen, müssen also für die Risiken ihrer Immobilienkredite nicht geradestehen. Weil der Staat die Papiere abnimmt, haben die Banken oft Kredite an marode Schuldner vergeben. "Nach wie vor können die Banken ihre Kredite an den Staat abtreten, auch wenn nur drei bis fünf Prozent Anzahlung geleistet wurden." Wenn Kredite an Menschen mit niedrigem Einkommen gewährt werden, versichert die FHA die Risiken, sonst kaufen Fannie und Freddie die Papiere auf.

Damit tragen die staatlichen Institute auch zu den Milliardengewinnen der Banken bei. Laut Daten der US-Einlagensicherung haben die Geldinstitute im ersten Quartal einen Rekordgewinn gemacht, auch weil dank niedriger Zinsen das Immobiliengeschäft anläuft. Die US-Häuserpreise steigen so rasant wie seit 2006 nicht mehr, um zwölf Prozent im vergangenen Jahr. Diese Entwicklung unterstützt auch die US-Notenbank Fed. Sie kauft monatlich 40 Mrd. Dollar an Hypothekenpapiere und hält mittlerweile bereits 1246 Mrd. Dollar.

Doch auch wenn US-Präsident Obama den Immobilienmarkt reformieren möchte, hält er an einer kreditfinanzierten Version des "American Dream" fest. Die Regierung solle sich nur damit begnügen, gegen eine Gebühr für Investoren verbriefte Hypotheken zu garantieren, und keine Papiere mehr kaufen. Aber die Amerikaner bräuchten Zugang zu 30-jährigen Fixzinshypotheken, um sich weiter Eigenheime leisten zu können, betonte Obama in seiner aktuellen Rede. "Doch die Kreditkonditionen würden definitiv strenger werden, wenn sich Fannie und Freddie zurückziehen müssten", ist Ökonom Diggle überzeugt. Ohne ihre Rolle bei der Absicherung von Risiken werde der Traum vom Eigenheim platzen, weil die Zinsen für Hypotheken steigen, glaubt er.

Wann es zu einer Reform kommt, steht noch nicht fest. Widerstand dürfte es im Repräsentantenhaus geben, wo die Republikaner die Rolle des Staates noch weiter beschneiden möchten. (Lukas Sustala, DER STANDARD, 8.8.2013)