Asiatische Marienkäfer treiben es bunt. Erstmals 2006 in Österreich gesichtet, sind sie heute bereits in fast jedem Garten zu Hause und machen Sieben-Punkt-Käfern Konkurrenz bei der Blattlausjagd. Gefürchtet sind sie im Wein- und Obstbau.

Foto: Michael Simoner

Wien - In letzter Zeit müssen viele Marienkäferln nach Mariabrunn am westlichen Stadtrand von Wien geflogen sein, wohin sie traditionellerweise von der Spitze des Zeigefingers losgeschickt werden, um "uns heut und morgen a schene Sunn" zu bringen. Dass es diesmal so heiß wie nie zuvor geworden ist, liegt vielleicht am asiatischen Ansturm unter Marienkäfern, der in den vergangenen Jahren in heimischen Gärten stattgefunden hat.

Schlechter Ruf

Im Gegensatz zu den Sieben-Punkt-Käfern (Coccinella septempunctata), die in ganz Europa als Glücksbringer gelten, haben ihre auch Harlekinkäfer genannten Verwandten aus China und Japan einen schlechten Ruf. Die asiatischen Marienkäfer (Harmonia axyridis), bei denen bisher zwei bis 21 Punkte gezählt wurden, sind viel gefräßiger, was beim schier unendlichen Futterangebot an Blattläusen noch egal wäre. Doch die Asia-Beetles gelten auch als regelrechte Killerkäfer. Laut Wissenschaftsmagazin Science setzen die Insekten Minisporen als Biowaffen ein, um europäische Artgenossen außer Gefecht zu setzen.

Als ob dies nicht schon reichen würde, um als aggressive Invasoren verdammt zu werden, wird ihnen auch noch der bittere Geschmack ihrer Körperflüssigkeit vorgeworfen, und zwar von Winzern und Obstbauern, die bei einer bestimmten Anzahl mitgepresster Käfer den Wein oder Saft wegschütten müssen. Den Käfern mit den glorreichen sieben Punkten sind Weintrauben völlig egal, doch die asiatischen Feinspitze werden von angetitschten Früchten angelockt, und zwar in Massen, die sich dann auch gleich in den Reben niederlassen.

Nicht freiwillig ausgewandert

Da sie eine potenzielle Gefahr fürs Vierterl und den Gspritzten, also österreichische Grundnahrungsmittel, darstellen, sind die asiatischen Marienkäfer auch ein Fall für die Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (Ages). Dort heißt es, dass die erste Ansammlung der Käfer in Österreich erst im Jahr 2006 dokumentiert worden sei. Freiwillig ausgewandert sind die Insekten freilich nicht. Vor zwanzig Jahren waren sie als natürliche Schädlingskontrolle in Frankreich, Belgien und den Niederlanden gezüchtet worden. Erste Einsätze gab es bereits vor 100 Jahren in den USA. Irgendwann haben sich die Tiere ins Freiland vertschüsst. "Heute wird der einst positive Beitrag als biologisches Kontrollmittel von seinen negativen Eigenschaften überschattet", lautet das Urteil der Ages.

Der Rebschutzdienst der Landwirtschaftskammer Niederösterreich orientiert sich beim Grenzwert für eine Geschmacksbeeinträchtigung bei Wein an US-Erfahrungen. Demnach ruinieren bereits zehn asiatische Marienkäfer pro fünf Kilo Erntegut den Ertrag, der Wein schmeckt dann ranzig. Meldungen, wonach schon ein zerquetschtes Käferlein ausreicht, um hunderte Liter Wein oder Saft zunichtezumachen, wurden vor kurzem vom deutschen Julius Kühn-Institut widerlegt. Überhaupt haben die Forscher aus Braunschweig die Reputation der Bösewichte ein wenig aufpoliert: Da die Marienkäfer auch Rebläuse futtern, erfüllen sie auch eine wichtige Rolle als Nützling.

Käferfeiertag

Im Gegensatz zu den USA und Frankreich wurden bisher in Österreich noch keine großen Probleme im Wein- und Obstbau gemeldet - zum Glück, denn es gibt kein Gegenmittel. Derzeit ist kein Pflanzenschutzmittel gegen die asiatischen Marienkäfer zugelassen. Experimentiert wird mit Kampfer und Menthol als Abschreckstoff.

Sonst hilft nur noch Beten. Und das führt zurück zur Wallfahrtskirche Mariabrunn. Schon im 17. Jahrhundert kamen hier die Wiener Winzer regelmäßig am sogenannten Käferfeiertag zusammen und flehten um Schutz für ihre Kulturen. Den damals gefürchtetsten Schädling im Weinbau, den Rebstecher, gibt es noch immer.

Mühsamer Kampf um zwei Millionen Euro

Der asiatische Laubholzbockkäfer ist hingegen zumindest in bestimmten Regionen von der Bildfläche verschwunden. Zuletzt meldete Braunau in Oberösterreich einen Erfolg. "Der Laubholzbockkäfer zählt in unseren Breiten zu den hundert gefährlichsten Neueinwanderern und ist in Verpackungsholz von Steinlieferungen bei uns eingeschleppt worden", sagt Peter Mayer, der Leiter des Bundesforschungszentrums für Wald. 2001 dürfte der Neozoon, wie ein Neuankömmling in der Zoologie genannt wird, erstmals in Europa aufgetaucht sein. Auf der Speisekarte der Larven stehen fast alle Laubbäume.

Der Kampf gegen den Schädling ist mühsam. In Braunau wurden sogar speziell konditionierte Suchhunde eingesetzt, um Befall festzustellen. Ins Braunauer Stadtbudget hat der asiatische Laubholzbockkäfer ein Loch von zwei Millionen Euro gefressen. (Michael Simoner, DER STANDARD, 8.8.2013)