Armin Wolf zeigte Montagabend wieder einmal, wie man effektiv die Luft aus einer ideologiegetriebenen Pseudoobjektivität rauslässt. Die Arbeiterkammer hatte zur Unterstützung der Wahlkampfstrategie der SPÖ eine Studie bei der Uni Linz in Auftrag gegeben, wonach die Reichen in Österreich noch viel, viel reicher sind, als ohnehin schon in einer anderen Studie (Österreichische Nationalbank) behauptet wird.

Jakob Kapeller, einer der Studienautoren, hatte als Einziger den Mut, sich in der ZiB 2 zu stellen. Wolf stellte ihm die Frage: "Wie seriös sind Ihre Zahlen?" Sie beruhen ja nicht auf konkreten Daten, sondern auf Umfragen (der ÖNB), die vom Team der Uni Linz noch einmal mithilfe eines statistischen Verfahrens hochgerechnet wurden. Wolf: "Das ist doch letztlich einfach geschätzt?" Kapeller: "Klar."

Die Studie der Uni Linz basiert auf einer Studie der Österreichischen Nationalbank (ÖNB). Die wiederum basiert auf Umfragen, weil es zwar konkrete Daten über den Umfang des Vermögens, aber nicht über seine Verteilung gibt (was ja einen Orwell'schen Überwachungsapparat erforderte). Die Ergebnisse basieren alle auf Umfragen. Zwei Dinge dazu: Die Autoren der ÖNB-Studie sind überwiegend bekennende Umverteiler; ihre Methodik entspricht allerdings seit einiger Zeit dem europaweiten System des Household Finance and Consumption Survey (HSFS) der EZB. Man sollte daher nie aus den Augen lassen, dass es sich lediglich um Schätzungen handelt - einerseits. Andererseits ist es keine Frage, dass Vermögen in einer Marktwirtschaft ungleich verteilt ist. Aber: Entscheidend sind Interpretation und Analyse.

Warum ist die Verteilung des Vermögens (nicht der Einkommen!) ungleich? Die Linke sagt: Weil in Österreich der neoliberale Raubtierkapitalismus herrscht. Aber wenn man die Studie der ÖNB (im Sozialbericht des Sozialministeriums 2012) genau liest, liefern die Autoren eine vollkommen einsichtige, sozusagen natürliche Erklärung. Kurzfassung: Vermögen besteht aus Sach- und Geldvermögen. Bei Sachvermögen ist die Ungleichheit viel höher. Sachvermögen der Privathaushalte besteht aber zum überwiegenden Teil aus Immobilienbesitz und da wieder aus dem Hauptwohnsitz: "Beim Sachvermögen ist es der Hauptwohnsitz, der die Eigentumsverhältnisse prägt. Nur rund acht Prozent der unteren Hälfte sind HauptwohnsitzeigentümerInnen. In den anderen Gruppen sind es hingegen rund 86 Prozent (obere Mitte) und mehr."

Oder, anders gesagt: Die "Reichen" in Österreich sind sehr oft hauptsächlich deswegen reich, weil sie ein Eigenheim besitzen. In einem Land, das großen Bevölkerungsteilen billige (Sozial-)Wohnungen zur Verfügung stellt, erwirbt nur eine Minderheit ihren Wohnsitz im Eigentum. Relativ wenige Besitzer von relativ wertvollen Eigenheimen versus relativ viele Mieter ohne Eigenimmobilie ergibt Ungleichverteilung. Wenn man das (und damit einen Großteil der Ungleichverteilung) ändern will, muss man die Eigenheimbesitzer zugunsten der Sozialwohnungsmieter zwangsenteignen. Oder vermögensbesteuern. (HANS RAUSCHER, DER STANDARD, 7.8.2013)