Wenn sich Blutgerinnsel auflösen, entstehen im Körper Abbauprodukte, die so genannten D-Dimere. In der Medizin werden diese gemessen, um venöse Thrombosen ausfindig zu machen beziehungsweise diese auszuschließen. Nach Operationen wurde auf diese Bestimmung bisher verzichtet, da der D-Dimer-Wert – so die Annahme – immer nach Operationen ansteigt und damit nicht zuverlässig auf Thrombosen hindeuten kann.

Forscher der halleschen Universitätsklinik und Poliklinik für Neurochirurgie hatten die Vermutung, dass es einen bestimmten postoperativen Schwellenwert gibt, der doch zuverlässig auf die lebensgefährlichen Thrombosen nach einer Schädeloperation hinweisen kann und sich vom "normalen" D-Dimere-Anstieg nach Operationen unterscheidet. 

Aktivierte Blutgerinnung

Nach einer so genannten Kraniotomie (Öffnung des knöchernen Schädels, Anm.Red.) ist fast die Hälfte der Patienten von einer Venenthrombose betroffen. Lösen sich diese Blutgerinnsel in den Beinen gelöst, kann die Folge eine gefährliche Lungenembolie sein.

Im Zuge der Auflösung einer Thrombose, entsteht das Abbauprodukt D-Dimer. Unter normalen Bedingungen zeigt mehr als 0,5 Milligramm D-Dimer in einem Liter Blutplasma (0,5 mg/l) die Anwesenheit venöser Thromboembolien an. Nach einer Kraniotomie und anderen Operationen ist die Blutgerinnung aktiviert und der D-Dimer-Plasmaspiegel kann sich per se erhöhen. 

Postoperativer Schwellenwert

Die Wissenschaftler schlossen 101 Patienten (59 weibliche und 42 männliche) im Alter zwischen 18 und 82 Jahren in die Studie ein. Alle Patienten wurden mit Kompressionsstrümpfen vom Tag der Operation bis zum fünften postoperativen Tag ausgestattet. Alle erhielten täglich prophylaktisch Dosen von Heparin. Der Spiegel von D-Dimer wurde nach dem 3., 7. und 10. Tag nach der Operation gemessen.

Bei allen Patienten war der D-Dimer-Wert nach der Operation gegenüber dem präoperativen Niveau gestiegen. Etwa 42 Prozent der Patienten hatten nach der Operation eine Venenthrombose. Die Forscher verglichen die D-Dimer-Werte vor und nach der Operation sowie zwischen den Patienten mit und ohne Thrombose nach der Operation. Vor der Operation hatten alle Patienten ähnliche Werte.

Bei den Patienten mit einer postoperativen Thrombose konnten die Neurochirurgen nachweisen, dass ein D-Dimer-Wert von zwei Miligramm pro Liter als Schwellenwert gelten kann (ohne Operation: 0,5 mg/l). Bei Patienten, die sogar eine Lungenembolie nach einer Operation erlitten, lag der Wert sogar noch deutlich darüber: bei durchschnittlich sieben mg/l.

"Wir konnten erstmals in einer Studie nachweisen, dass es einen postoperativen Schwellenwert von D-Dimer gibt, der auf eine Thrombose hinweist", sagt Julian Prell. "Wir waren überrascht, dass sich unsere Ergebnisse sich so deutlich von der etablierten Lehrmeinung unterscheiden." Die Forscher gehen davon aus, dass ähnliche Ergebnisse auch bei anderen Operationen gefunden werden können. Wobei sie sich vorstellen können, dass der D-Dimer-Wert je nach Operationsart unterschiedlich ist.

Nach Überzeugung der halleschen Wissenschaftler sollte die Bestimmung des D-Dimer-Wertes nach einer Operation nicht vernachlässigt werden. "Wir können damit neurochirurgische Operationen sicherer machen und rechzeitig erkennen, wenn für einen Patienten die Gefahr einer Thrombose oder Lungenembolie besteht." Auch seien die Erkenntnisse nach weiteren Forschungen auch in anderen operativen Fächern anwendbar. (red, derStandard.at, 6.8.2013)