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Die Energie aus Solar- und Windkraftanlagen richtet gegen die Erderwärmung nichts aus: Größere Erfolgschancen böten erneuerbare Energien, die eine echte preisliche Alternative darstellten.

Foto: Reuters/Fabrizio Bensch

Ende Juli sorgte eine außergewöhnliche Schreckensmeldung in Sachen Klimawandel für weltweite Schlagzeilen: Eine arktische Eisschmelze könnte eine enorme Menge an Methan freisetzen, was zu einer dramatischen Beschleunigung der Erderwärmung führen und der gesamten Welt Kosten in Höhe von sagenhaften 45 Billionen Euro verursachen würde. Zum Glück handelt es sich dabei nur um ein Schauermärchen.

Die Meldung entspringt einem Kommentar (nicht etwa einer wissenschaftlichen Studie) der Fachzeitschrift Nature. Dort wird mit einem einzigen Verweis auf ein dubioses russisches Blatt behauptet, das gesamte in der sibirischen Kontinentalplatte lagernde Methan werde in den kommenden zwölf Jahren freigesetzt werden. Doch Nature selbst schlussfolgerte in einem Bericht: "Der katastrophale massenweise Ausstoß von Methanhydrat wird nicht durch fortgesetzte Klimaerwärmung im heutigen Maße über Zeiträume von mehreren hundert Jahren ausgelöst."

Die genannte Summe von 45 Billionen Euro basiert auf einem wirtschaftlichen Modell, das für den berüchtigten Stern-Report über die wirtschaftlichen Folgen des Klimawandels benutzt wurde. In einer Metastudie, bei der sämtliche Klimamodelle verglichen wurden, stellte sich dieses Modell als extremer Ausreißer heraus. Seitdem wurde es überarbeitet und fällt nun 30 Prozent pessimistischer aus.

Kaum Temperatursenkung

Nimmt man ein unplausibel katastrophales Ereignis und lässt es durch ein unplausibel pessimistisches wirtschaftliches Modell laufen, macht man zwar weltweit Schlagzeilen - aber man erhält keine guten politischen Entscheidungen. Die klimapolitischen Maßnahmen der EU kosten jährlich ca. 190 Milliarden Euro, werden jedoch bis zum Ende des Jahrhunderts lediglich eine Temperatursenkung von kaum wahrnehmbaren 0,05 Grad Celsius bewirken.

Deutschland hat mehr als 100 Milliarden Euro in Solarsubventionen investiert, wodurch die Erderwärmung bis zum Ende des Jahrhunderts jedoch nur um lediglich 37 Stunden hinausgezögert wird. Spanien gibt fast ein Prozent seines BIPs für die Förderung erneuerbarer Energien aus. Ineffiziente Solarmodule und Windkraftanlagen fressen mehr als sieben Milliarden Euro pro Jahr, während sie für CO2-Einsparungen im Wert von weni-ger als 75 Millionen Euro im EU-Emissionshandel sorgen.

In den vergangenen zwei Jahrzehnten hat man uns gelehrt, dass ein Umstieg auf erneuerbare Energien notwendig ist. Eine neue Studie hat allerdings gezeigt, dass der Anteil fossiler Energieträger am weltweiten Energiebedarf in den letzten zwanzig Jahren nicht gesunken, sondern unverändert bei 83 Prozent geblieben ist. Der Anteil nichtfossiler Energieträger ist zwischen 1973 und 1992 zwar gesunken - allerdings nur aufgrund des Anstiegs der Atomenergie. Die neuen Technologien für erneuerbare Energien haben seitdem um einen Prozentpunkt zugelegt - doch die Kürzungen der Ausgaben für Kernkraft haben deren Anteil ebenfalls um ein Prozent verringert.

Traurige Realität ist, dass die gegenwärtige Klimapolitik gescheitert ist. Das Klimaproblem existiert, kein Zweifel. Aber wir verschleudern riesige Geldsummen und erreichen damit fast nichts. Der Grund: Die erneuerbaren Energien sind noch nicht so weit, das Steuer herumzureißen, weder wirtschaftlich noch technisch. Wir müssen uns auf neuere, günstigere Technologien konzentrieren. Könnten wir erneuerbare Energie billiger machen als fossile, würden alle umsteigen - sogar die Chinesen.

Beim Copenhagen Consensus zum Klima stellte ein Gremium aus namhaften Ökonomen, darunter drei Nobelpreisträger, fest, dass die beste Langzeitstrategie darin besteht, die Ausgaben für Forschung und Entwicklung im Bereich erneuerbarer Energien drastisch zu erhöhen. Sie empfahlen eine zehnfache Erhöhung der weltweiten Ausgaben auf 100 Milliarden US-Dollar pro Jahr. Dies läge immer noch deutlich unter den Kosten der EU-Klimapolitik. Natürlich bietet dies keine Garantie. Aber es gäbe viel größere Erfolgschancen als durch die Fortsetzung der vergeblichen Bemühungen der letzten zwanzig Jahre.

Computer als Analogie

Hier lässt sich eine Analogie zu den Computern der 1950er-Jahre erkennen. Bessere Computer gab es nicht etwa, weil massenweise subventionierte Elektronenröhren produziert oder Steuern auf Schreibmaschinen erhoben wurden. Der Durchbruch kam durch die drastische Steigerung von Forschung und Entwicklung, die zur Erfindung des Transistors oder des integrierten Schaltkreises führten; Innovationen, die Unternehmen wie IBM oder Apple erlaubten, Computer zu entwickeln, die der Verbraucher wollte.

Genau das haben die USA beim Fracking getan. Sie haben in den letzten dreißig Jahren rund 10 Milliarden Dollar in innovative Technologien gesteckt, um an zuvor unerreichbare Schiefergasressourcen zu gelangen. Trotz legitimer Sicherheitsbedenken lassen sich die Vorteile kaum übertreiben: Die US-Verbraucher sparen durch billigeres Erdgas fast 100 Milliarden Euro im Jahr, und durch den Umstieg von Kohle auf Erdgas haben sich die US-Emissionen um das Doppelte dessen verringert, was die EU und die restliche Welt an Einsparungen erreicht haben.

Das Klimaproblem lässt sich nicht lösen, indem fossile Energieträger so teuer gemacht werden, dass sie keiner mehr haben will, sondern indem erneuerbare Energien so billig gemacht werden, dass sie am Ende jeder haben will. (Bjørn Lomborg, aus dem Englischen von Michael Wübben, DER STANDARD, 6.8.2013)