Die Israelitische Kultusgemeinde in der Seitenstettengasse in Wien.

Foto: Standard/Semotan
Wien - Der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG), Ariel Muzicant, forderte in der Nacht auf Mittwoch die Bundesregierung auf, angesichts der offenbar bestehenden Schwierigkeiten der Länder, die für sofort zugesagten neun Millionen Euro aus dem 18,2 Mio. Euro-Entschädigungspaket der Bundesländer auszuzahlen, "einzuspringen". Die neun Mio. waren der IKG vor rund eineinhalb Wochen von Bildungsministerin Elisabeth Gehrer und der steirischen Landeshauptfrau Waltraud Klasnic zur Lösung der aktuellen prekären Finanzsituation der Kultusgemeinde als Akontierung auf die Ländergelder zugesagt worden. Ein APA-Rundruf in den Ländern am Dienstag ergab allerdings, dass dieser Geldfluss keineswegs auf Schiene ist.

Wenn sich nun herausstelle, dass man die zugesagten Mittel nicht sofort bekommen, "stellt sich für uns die Frage, wie das weitergeht", sagte Muzicant in der "ZiB 3". Die Bundesländer seien guten Willens, doch gebe es offenbar Rechts- und Abwicklungsprobleme. Daher "sollte die Republik dafür sorgen, dass es zu einer Lösung kommt". Denn, so der IKG-Präsident: "Wir können nicht warten."

"Wir können nicht warten"

Der Kultusvorstand hat Ende Juni ein drastisches Sparpaket geschnürt, dass für 2004 ein ausgeglichenes Budget bringen soll. Die Sparmaßnahmen umfassen auch zahlreiche Kündigungen, die mit Beginn 2004 greifen sollen. Bekommt die Kultusgemeinde vorher entsprechende Unterstützung könnten die Einschnitte in die Infrastruktur der Gemeinde noch rückgängig gemacht werden.

Einmal mehr betonte Muzicant in der "ZiB 3" zum Thema prekäre Finanzsituation der Gemeinde, man sei nicht verschuldet, weil Geld verprasst wurde, sondern weil man aus Eigenem die Infrastruktur wiederaufbauen habe müssen. Österreich habe das nämlich nicht getan. Möglicherweise stehe man nun jedenfalls vor den Scherben des Vertrauens, dass man in die Österreicher gesetzt habe.

Stellung bezog Muzicant dabei auch zum Thema Antisemitismus. Es sei zwar nicht so, dass man in Österreich auf der Straße verprügelt werde, "aber er ist ein Bestandteil unseres Lebens". Als Beispiel nannte der IKG-Präsident etwa einschlägige Post. Damit habe man gelernt zu leben, "aber ein normaler Zustand ist das nicht". Es gebe immer noch einen stark virulenten Antisemitismus, das sei allerdings ein europäische Phänomen "und wir werden diese Krankheiten nicht los". (APA)