Hallein - Im "Bösen Geist Lumpazivagabundus" erzählt Nestroy von den Fährnissen dreier bettelarmer Handwerksburschen. Ihr Anspruch auf ein bisschen Glück und Auskommen wird zum Wetteinsatz zänkischer Feen und Geister. Auf der Halleiner Perner-Insel hat sich ein extrem gutgelaunter Zaubermeister ihrer angenommen: Burg-Direktor Matthias Hartmann bewirbt sich mit seiner Nestroy-Inszenierung, einer Koproduktion seines Hauses mit den Salzburger Festspielen, gleich um die Oberspielleitung einer Musical-Bühne. Sein "Lumpazi" würde jedem Theatersommergast in Amstetten zumindest freundliche Hochachtung abringen.

Dabei zerfällt seine Unternehmung. Das Reich der Feen ist ein EU-Himmel, in dem Glücksfee Fortuna (Maria Happel) als Angela Merkel-Double die Fäden in der Hand hat. Stéphane Laimes Bühne spielt tausend Stücke; nur wird nie recht klar, was für ein Nestroy hier gegeben wird. Das liederliche Kleeblatt könnte botanisch unterschiedlicher nicht sein. Florian Teichtmeisters Leim erinnert am ehesten an die Tradition des Wiener Vorstadttheaters. Michael Maertens' Schneider ist eine meckernde Kunstfigur, Nicholas Ofczareks Knierim nährt seine kalte Wut auf den Kometen als Schnapsidee. Seine abgrundtiefe Verzweiflung fällt aus dem Spaßtheater rund um ihn komplett heraus.

Sie alle können sich nicht recht entscheiden: Hat Nestroy bloß einen flackernden Traum vom bürgerlichen Unglück bebildern wollen? Vor Nestroys ingeniösem Witz hat Hartmann Reißaus genommen. Bilder ersetzen das Gift der Analyse, das den Possendichter ätzend umtrieb. Großer Applaus für eine Arbeit, die tausend Dinge antippt, ohne letztlich eine eigene Sprache zu finden. (Ronald Pohl/DER STANDARD, 2.8.2013)