Eine neue Methode setzt auf Luftaufnahmen, um herauszufinden, wie stark bestimmte Wasserpflanzen verbreitet sind. Die Farben geben Aufschluss über Bewuchsdichte und Wasserqualität (blau: unbewachsenes Sediment, grün und gelb: spärliche Vegetation, rotbraun: dichte Vegetation).

Foto: Landesamt für Vermessung und Geodäsie

Die Klimaerwärmung begünstigt die Einwanderung von fremden Arten, sogenannte Neobiota. Besonders unerwünschte Wasserpflanzen können als biologische Invasoren ein Ökosystem nachhaltig verändern. Eine gezielte Überwachung der Wasserflächen ist daher nötig, doch bisherige Verfahren sind kostspielig. Nun haben Wissenschafter von der Technischen Universität München (TUM) eine schnellere und billigere Methode entwickelt.

Nutzung als Indikatorpflanzen

Zu den eingewanderten Wasserpflanzen zählen etwa die Schmalblättrige Wasserpest (Elodea nuttallii) und das Große Nixenkraut (Najas marina). Beide Spezies breiten sich seit einigen Jahren rasant in mitteleuropäischen Gewässern aus. Ökologen können sie dabei als Indikatorpflanzen nutzen: Durch ihr gehäuftes Auftreten kann man Rückschlüsse auf die Qualität eines Gewässers ziehen – Elodea nuttallii und Najas marina findet man besonders in Seen, deren Wassertemperatur steigt. Die schnelle und flächendeckende Ausbreitung der Pflanzen kann das Gleichgewicht des sensiblen Systems See beeinflussen.

Um zu untersuchen, wie sich Ökosysteme von Seen verändern, überprüfen Wasserwirtschaftsämter regelmäßig die Pflanzenbestände. Für diese Inspektionen sind Beobachtungen durch Taucher notwendig: In verschiedenen Tiefenstufen kartieren die Forscher die "Pflanzenteppiche". Dieses Verfahren liefert zwar detaillierte Erkenntnisse, ist aber sehr aufwändig. Wissenschafter der Limnologischen Station der TUM in Iffeldorf haben sich dieser Thematik angenommen und ein neues Verfahren entwickelt, das günstiger und schneller ist.

Gewässerbeobachtungen von oben

"Dabei ersetzen hochaufgelöste Luft- und Satellitenbilder einen Teil der Taucharbeiten", erklärt Projektbetreuer Thomas Schneider. "Um aus den Bildern Aussagen über den Pflanzenbewuchs abzuleiten, nutzt die neue Methode die Reflexion: Abhängig von Farbe und Aufbau reflektiert jede Pflanzenart das einfallende Licht auf spezifische Weise." Die Reflexionsspektren der Pflanzen haben die Forscher in einer digitalen Bibliothek hinterlegt – und können auf dieser Grundlage Luft- und Satellitenaufnahmen auswerten. Bis dahin war es ein weiter Weg. Die Forscher mussten über einen Zeitraum von zwei Jahren Pflanzen vom Boot aus fotografieren und deren Reflexion messen.

Allerdings erschweren Faktoren wie Wasserinhaltsstoffe, Art des Sediments, Lichtbrechung oder unterschiedliche Wassertiefen die Bewertung der Pflanzenbestände. Daher haben die Gewässerforscher mathematische Algorithmen entwickelt, die in Verbindung mit den Messdaten des Boots die Fehler aus den Bildern "herausrechnen" können. Da sich die einzelnen Gewässer stark unterscheiden, hat jeder See seinen eigenen Algorithmus.

Frühzeitige Veränderungen erkennen

Die neue Methode eignet sich insbesondere für große, einheitliche Pflanzenbestände. Bedenkliche Entwicklungen können so leichter und kostengünstiger erkannt werden. Denn wenn sich Nixenkraut und Wasserpest ausbreiten, kann dies das Ökosystem eines Gewässers langfristig verändern: Sie könnten andere Arten verdrängen oder den Lebensraum anderer Organismen, zum Beispiel von Fischen, verändern. (red, derStandard.at, 5.8.2013)