Wien - Ein Großauftrag der australischen Armee kann einen Teil der Arbeitsplätze sichern, die im MAN-Werk von Rheinmetall in Wien-Liesing nach dem Auslaufen der Fahrzeugproduktion für die englische Armee abgebaut werden sollten: Ab 2016 sollen die Anlagen, auf denen bis Mai dieses Jahres insgesamt 7000 teilweise gepanzerte Lkws für England gebaut wurden, für die Produktion australischer Spezialfahrzeuge genutzt werden.
Auftragswert: 1,1 Milliarden Euro, von denen rund 70 Prozent bei Rheinmetall verbleiben. Das heißt in der Praxis, dass Chassis und Fahrerkabine in Österreich gefertigt werden, die Aufbauten aber von australischen Partnern hergestellt werden.
Von den 2500 Fahrzeugen des Typs "Land 121" sind rund 1000 mit Panzerung für die Fahrerkabine bestellt worden. Logistikfahrzeuge sind in Krisenregionen vermehrt der Wirkung von Infanteriewaffen, Granatsplittern und IEDs ("Improvised Explosive Devices" beziehungsweise "roadside bombs") ausgesetzt, entsprechende Panzerungen werden daher immer mehr nachgefragt.
Schwerere Fahrzeuge
Armeefahrzeuge werden dadurch tendenziell schwerer, brauchen mehr Achsen und einen entsprechenden Antrieb. Das MAN-Werk von Rheinmetall in Wien-Liesing hat sich auf dem Gebiet fünf- und sechsachsiger Fahrzeuge eine Spezialistenrolle innerhalb des Konzerns erarbeitet, der englische Auftrag, ein Eurofighter-Gegengeschäft, hat dafür gesorgt, dass entsprechendes militärtechnisches Know-how in Wien erhalten wurde.
Als Anfang April die Meldung kam, dass der Rheinmetall-Konzern seine Struktur straffen muss, wurden auch für das Werk in Liesing Kündigungspläne bekannt - der Standard berichtete. Damals hieß es, dass von den 750 Mitarbeitern mehr als ein Drittel gehen müsste. In Verhandlungen mit dem Betriebsrat wurde erreicht, dass zunächst Kurzarbeit eingeführt wurde. Das gab einigen Mitarbeitern Zeit, nach Kassel zu ziehen, wo sie mit dem Bau von Panzern beschäftigt werden.
Im Wiener Werk werden im September etwa 200 Mitarbeiter abgebaut werden - denn auch mit dem Australien-Auftrag wird die bisherige Auslastung von 440.000 Fertigungsstunden im Jahr nicht mehr erreicht werden.
Im aktuellen Jahr rechnet man damit, dass rund 1300 Fahrzeuge in Liesing gebaut werden, im kommenden Jahr sollen es 1400 sein - was etwa 260.000 Arbeitsstunden entspricht. Derzeit ist der größte Teil der in Liesing gefertigten Fahrzeuge für zivile Zwecke gedacht - das reicht von Spezialfahrzeugen für den Transport von Pkws bis zu Betonpumpen für Baustellen. Der Australien-Auftrag, der von 2016 bis 2020 durchgeführt werden soll, wird im Schnitt 170.000 Fertigungsstunden pro Jahr auslasten. Wenn alles gutgeht, könnte ein weiterer Auftrag aus Norwegen folgen. (Conrad Seidl, DER STANDARD, 1.8.2013)