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Im Rußbach bei Wien fühlen sich die Käfer wohl.

Foto: APA/NHM WIEN/MANFRED JÄCH

Wien - Zugegeben: Ein richtiges Kuscheltier ist er nicht gerade, dieser Käfer. Aber das Äußerliche wäre eigentlich gar keine so entscheidende Frage mehr - denn eigentlich gibt es ihn schon längst nicht mehr: Der Fluss-Krallenkäfer (Potamophilus acuminatus) galt bis zur Jahrtausendwende als komplett ausgestorben. Dann stellte sich jedoch heraus: Es gibt doch noch ein paar wenige Exemplare - sie wurden 1999 in Oberösterreich und im Burgenland gefunden. Als höchst gefährdet galt die Art aber selbstverständlich immer noch.

Ein höchst anspruchsvolles Tier

Jetzt aber die große Überraschung: Manfred Jäch, Wasserkäferexperte am Naturhistorischen Museum Wien, konnte im niederösterreichischen Rußbach - nur wenige Kilometer von Wien entfernt - ein Vorkommen von ein paar hundert Exemplaren Fluss-Krallenkäfern nachweisen.

Und das ist eine verblüffende Entdeckung. Denn der Fluss-Krallenkäfer ist ein höchst anspruchsvolles Tier, was seinen Lebensraum betrifft. Damit es ihm gutgeht, sind gleich mehrere Komponenten entscheidend. Der Käfer bewohnt ausschließlich Fließgewässer mit guter Wasserqualität, erläutert Jäch, wobei die Strömungsgeschwindigkeit relativ hoch sein muss. Nicht genug damit: Sein Vorkommen beschränkt sich auch auf halb untergetauchtes, stärkeres Holz, das aber auch in einem noch nicht zu stark fortgeschrittenen Zerfallsstadium sein muss.

Ansiedelung in der Nähe einer Millionenstadt

Solche Bedingungen gab es früher in Europa recht viele - doch dann wurden landauf, landab die naturnahen Flussläufe vernichtet. Die Fließgewässer wurden begradigt und in schnurgerade Rinnen gezwängt. Und die Fluss-Krallenkäfer, die früher einmal eigentlich eine weitverbreitete Art waren - verschwanden in großen Teilen Europas.

Warum er sich nun just in der unmittelbaren Nähe einer Millionenstadt wieder angesiedelt hat? Dies sei sicherlich eine Folge der Einleitung des Marchfeldkanals in den Rußbach, erklärt Jäch, "was dem vor 20 Jahren noch ökologisch bedeutungslosen Rinnsal neues Leben einhauchte und somit die Rückkehr seltener Arten ermöglichte".

Dem Rückgang der Artenvielfalt durch menschliches Handeln widmet das Naturhistorische Museum die Sonderausstellung "Das Geschäft mit dem Tod - das letzte Artensterben?", die in Kooperation mit dem WWF ab 23. Oktober zu sehen ist. (APA, frei, DER STANDARD, 1.8.2013)