Wien - Es ist ein kleines Grüppchen, das sich am Dienstag am Check-in 3 am Flughafen Wien-Schwechat versammelt hat. Rund 15 Aktivisten, mit Flyern und selbstgemalten Transparenten bewaffnet, versuchen die Abschiebung einiger der als "Votiv-Flüchtlinge" bekannt gewordenen Asylwerber zu verhindern.
Am Freitag erst wurden diese mit dem "gelinderen Mittel" belegt, am Sonntag wurden acht bei der Meldung auf verschiedenen Polizeistationen festgenommen. Seither protestieren Unterstützer und andere Flüchtlinge aus dem Kloster gegen eine Abschiebung.
Verhaftungen wegen Schlepperverdachts
Im Laufe des Dienstag hat die Geschichte eine weitere Wendung bekommen: Wegen Verdachts der Schlepperei wurden sechs weitere Personen, drei davon im Servitenkloster, festgenommen. Sie sollen einer großen kriminellen Organisation angehören, die mindestens 300 Schleppungen von vorwiegend pakistanischen Staatsbürgern organisiert und durchgeführt haben soll, welche von Kleinasien über die sogenannte "Balkanroute" nach Österreich und in den EU-Raum erfolgt sein sollen.
Die Caritas, welche die Männer seit Monaten betreut, zeigte sich "schockiert". "Die Vorwürfe der Behörde sind auch für uns neu", sagte Generalsekretär Klaus Schwertner. Man sei "extrem verärgert, falls die Caritas von Einzelnen ausgenutzt wurde".
Anleitung für Zivilcourage
"Fliegen Sie nach Istanbul?", fragt zum gleichen Zeitpunkt eine Aktivistin am Flughafen Passagiere auf dem Weg zum Check-in. Wer nach Istanbul oder Katar fliegt, bekommt einen Zettel in die Hand gedrückt, auf dem steht, wie man eine Abschiebung verhindern könnte.
Die meisten Fluggäste blicken etwas irritiert, manche sagen ihre Unterstützung zu. Eine ähnliche Handlungsanweisung zur "Zivilcourage", wie sie es nennen, verbreiten die Aktivisten auch über Facebook.
Frau aus Video bei Protesten
Unter ihnen befindet sich auch jene junge Frau, die Montagfrüh bei einer Demonstration vor dem Polizeianhaltezentrum auf der Roßauer Lände offenbar von einem Polizisten gestoßen und dabei grob zu Boden geschleudert wurde. Das Video von dem Zusammenstoß hatte binnen eines Tages mehrere Zehntausend Klicks auf Youtube und verbreitete sich rasend schnell übers Netz.
"Ein Unfall war das nicht", erklärt sie am Dienstag. Da alles sehr schnell ging, habe sie jedoch nicht genau sehen können, wie es zu dem Sturz kam. Eine Anklage gegen den Beamten schließe sie nicht aus. "Jetzt", sagt sie, "steht aber der Protest gegen die Abschiebung im Vordergrund."
Polizei warte auf Kontaktaufnahme
Bei der Polizei wartet man allerdings noch auf eine Kontaktaufnahme durch die junge Frau. "Falls sie Verletzungen erlitten hat, wäre es wichtig, dass sie sich meldet, dann kann auch ihre Darstellung aufgenommen werden", sagt Polizeisprecher Roman Hahslinger. Der auch betont, dass der betroffene Polizist Werner G. unmittelbar nach dem Vorfall Meldung erstattet habe, noch ehe das Video aufgetaucht sei.
Laut G. sei der Zusammenstoß mit den Schultern ein Unfall gewesen. "Der Beamte hatte Schmerzen in der Schulter, es ist also anzunehmen, dass auch die Frau etwas gespürt hat", so Hahslinger.
"Kein faires, rechtsstaatliches Verfahren"
Lennart Binder, Anwalt von einigen der zum Teil bereits abgeschobenen Flüchtlinge, widerspricht der Version aus dem Innenministerium: "Es gab kein faires, rechtsstaatliches Verfahren - weder vor dem Asylgerichtshof noch vor anderen Instanzen", kritisierte Binder im Gespräch mit dem STANDARD. (mime, moe, juh, jus, DER STANDARD, 31.7.2013)