Zusammenarbeit mit Christopher James Chaplin: Hans-Joachim Roedelius.

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Lunz am See – In den vergangenen Jahren hat es sich herumgesprochen, dass in Baden bei Wien ein Pionier der deutschen Ambient- und elektronischen Musik seine Zelte aufgeschlagen hat: Der 78-jährige Hans-Joachim Roedelius ist als Mitbegründer der Berliner Krautrock-Bands Kluster (später Cluster) und Harmonia in die Annalen eingegangen. Nicht zu vergessen seine Kollaborationen mit dem britischen Geistesbruder Brian Eno, die 1977 mit dem Album Cluster & Eno begann. Bei aller emsigen Produktions- und Reisetätigkeit hat Roedelius mittlerweile in Niederösterreich auch Wurzeln geschlagen: Seit 2004 bereichert allsommerlich das von ihm und Ehefrau Christine gegründete More Ohr Less-Festival in Lunz am See die hiesige Festivallandschaft. Anno 2013 steht die zehnte Ausgabe an, das Jubiläum will naturgemäß gefeiert werden.

Zur Eröffnung (1. 8.) gelangt unter dem Dirigat des Komponisten ein Kammerorchesterstück von Christopher James Chaplin zur Uraufführung; Roedelius legte anno 2012 mit Charlie Chaplins jüngstem, 1962 in der Schweiz geborenem Sohn das Album King Of Hearts vor. Auch Roedelius selbst lässt neue Töne vernehmen: Auf seine sicherlich nicht volkstümelnde Ode an Niederösterreich im Rahmen einer für die Gruppe Tempus Transit komponierten Musik bei der finalen Matinee am 4. August darf man gespannt sein.

Überhaupt kennt Roedelius wie immer keine Berührungsängste, er versammelt Akteure aus disparaten Richtungen, die sich sonst wohl kaum im selben Programm finden würden: Die in Lunz ansässigen Kothbergtaler Schuhplattler zeigen ihre Tanzkünste zu zeitgenössischer Musik und werden damit auf der Seebühne wohl einen spektakulären Clash of Cultures bieten. Weitere Mitwirkende sind Cellistin Clementine Gasser und der Tiroler Sitarspieler Klaus Falschlunger, Elektronik-Beat-Experte Mauracher mit Sängerin Sonia Sawoff, Tex Rubinowitz und Gerhard Potuznik alias Die Mäuse, Thomas Rabitsch und I-Wolf sowie der aus der NuTango-Formation Gotan Project bekannte Christoph H. Mueller. DJ-Sets u. a. von Bernhard Fleischmann, Filmvorführungen und Vorträge (Text Rubinowitz u. a.) runden das Programm ab. Ach ja, das Festivalmotto lautet heuer übrigens "Ziele". (Andreas Felber, DER STANDARD, 31.7.2013)