Dass da draußen im Net ein bestimmter Prozentsatz Verhaltensgestörter unterwegs ist, weiß jeder. Der Anteil ist wohl nicht größer als in der Gesamtheit der Bevölkerung, aber die technische Möglichkeit, schnell und anonym seine inneren Dämonen rauszulassen, wirkt sich natürlich im Sinne einer gefühlten Omnipräsenz der Gestörten aus.

Was dabei aber zu wenig thematisiert wird, ist die Rolle – und die Verantwortung – der Trägerinstitutionen. Auf Twitter gab es kürzlich in Großbritannien einen ziemlich beunruhigenden Schub sexualpathologischer Aggression. Eine Journalistin, die sich auf ihrem Blog dafür eingesetzt hatte, mehr Frauen auf den Pfund­noten abzubilden und damit erfolgreich war (ab 2017 kommt die Schriftstellerin Jane Austen auf die Zehnpfundnote), wurde mit Hass-Tweets und Vergewaltigungsdrohungen zugedeckt. Zum Glück entstand bald eine Solidaritätsbewegung im Internet, und angeblich hat Scotland Yard schon eine Verhaftung vorgenommen.

Äußerst fragwürdig ist aber die Reaktion von Twitter, das sich längere Zeit weigerte, angemessene Maßnahmen zu setzen (ebenso wie andere Trägerorganisationen von So­cial Media in vergleichbaren Fällen). Erst nachdem der Aufschrei zu laut wurde, erklärte Twitter, man "prüfe" die Einführung eines "Missbrauch-Melde"-Buttons. Das Net soll frei sein, aber nicht für Psychopathen.  (DER STANDARD, 30.7.2013)