Leonard Cohen bei seinem Auftritt in der Wiener Stadthalle.

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Wien - In einer Zeit, in der sich je nach Pessimismus alles verändert oder den Bach hinuntergeht, ist es wichtig, dass gewisse Dinge gleich bleiben. Wiederholung schafft Sicherheit, Liturgie gibt Halt. Gebet, Lesung, Verkündigung. Sakrament.

Als Leonard Cohen vor fünf Jahren nach jahrzehntelangem Vorruhestand in einem buddhistischen Kloster wieder auf die Konzertbühnen zurückkehrte, war er nicht nur längst zum Klassiker geworden. Die in sich perfekten, bis zu dreistündigen Shows, die Cohen seit damals mit zwei Handvoll Musikern regelmäßig auch in Österreich bestreitet, machen bei mehrmaligem Genuss auch eines klar. Der 78-jährige Kanadier weiß selbst am allerbesten, was er an sich hat.

Auch sein aktuelles Wienkonzert in der Stadthalle wurde im Zeichen der Herzensbildung, des lebenslang vom Leben Abschiednehmens und ein wenig erdschwerem, gut gereiftem Rotweinzynismus bestritten. Cohen hat es im Gegensatz zu seiner virtuosen - und deshalb wegen des recht einfachen Liedguts an Unterforderungsdepression leidenden - Band gern so, wie es das Recht jedes alten Menschen ist. Veränderung ist schlecht. Wiederholungen sind gut.

Mit Ausnahme handverlesener neuer Songs seines aktuellen Albums Old Ideas, etwa dem fröhlichen Sterbeschlager The Darkness, gibt Leonard Cohen auch dieses Mal alles größte Hittige, was er schon 2008 hatte.

Eroberer mit Grabesstimme

Er grummelt mit Grabesstimme vornübergebeugt auf den Knien von einer visionär gesehenen Zukunft, die er nicht mag. Er erobert Manhattan und Berlin. Susanne und Marianne werden sentimental beklampft, die Sisters of Mercy und der berühmte blaue Regenmantel sowieso. Bird On A Wire? Ja, klar. Tower Of Song, Hallelujah und Take This Waltz, yep.

Irgendwann, während die Gitarristen die Lieder mit edlem Solozierrat strecken, Cohen dazu verzückt im Takt wippt und die drei Sängerinnen Schubidu schubiduen wird man die Sache aber dann doch nur ähnlich spannend finden wie ein Eduscho-Klassikkonzert. Wirklich interessant wird ein Arpeggio ja erst, wenn man es versemmelt.   (Christian Schachinger, DER STANDARD, 29.7.2013)