Mit angeblich tiefen und ehrlichen Männerfreundschaften in der Spitzenliga ist das ja so eine Sache. Zwischen den deutschen Ex-Kanzler Gerhard Schröder und den ehemaligen SPD-Chef Oskar Lafontaine sollte nicht einmal ein Blatt Papier passen. Tatsächlich reden die beiden seit Jahren kein Wort mehr miteinander.

Bei Peter Löscher und Joe Kaeser klang das im Jänner noch so: "Machen Sie sich keine unnötigen Gedanken um uns. Joe Kaeser ist ein exzellenter Finanzvorstand, und wir sind gemeinsam gut und erfolgreich unterwegs", sagte Löscher. "Wenn es um Siemens geht, halten wir zusammen", sekundierte Kaeser.

Nun, ein paar Monate später, wird Löscher bei Siemens gefeuert und Kaeser sein Nachfolger. Und nicht wenige sind überzeugt, dass Kaeser am Rauswurf des Österreichers nicht ganz unbeteiligt ist. Man ergänze sich wie "Licht und Schatten", hat Kaeser einmal über sich und Löscher gesagt - und jedem war klar, wer sich dabei für das Licht hielt.

Schon die Biografien der beiden sind recht unterschiedlich. Löscher kam als erster Vorstandschef von außen zu Siemens nach München, Kaeser hingegen ist ein echtes Siemens-Gewächs. Der 1957 im niederbayerischen Arnbruck Geborene tritt nach dem Studium der Betriebswirtschaftslehre an der Fachhochschule Regensburg im Jahr 1980 bei Siemens ein.

Dort ist er zunächst für den Bereich Bauelemente zuständig, unter anderem in Malaysien. Später arbeitet er als CEO der US-Töchter Siemens Components, Cupertino sowie Siemens Microelectronics in San José. Aus den USA bringt Joe Kaeser auch den Namen mit, unter dem man ihn heute kennt. Eigentlich heißt er ja - deutlich weniger flott - Josef Käser.

Doch der Name passt aus seiner Sicht besser zu großen Auftritten, denen der 56-Jährige nicht abgeneigt ist - vor allem seit er 2006 Finanzvorstand von Siemens wurde. Einmal rasierte er sich in der Nacht vor einer gemeinsamen Bilanzpressekonferenz mit Löscher seinen markanten Schnauzbart ab und stahl Löscher wieder mal die Show.

Nicht nur Kaesers Detailwissen und seine rhetorische Überlegenheit ließen Löscher neben ihm oft farblos aussehen. Da Kaeser schon so lange im Unternehmen ist, ist er dort bestens vernetzt. Die Siemens-Mitarbeiter aber wissen, dass er auch viel verlangt. Sein Handy-Klingelton ist der Rolling-Stones-Song I can't get no Satisfaction. (Birgit Baumann, DER STANDARD, 29.7.2013)